Emmy Awards: Viele Sieger, keine grossen Abräumer
Wer heute Serien schauen will, steht vor einer überfordernden Auswahl. Dieses Phänomen zeichnet sich auch bei den Emmy Awards ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei den Emmy Awards zeichnen sich keine klaren Abräumer ab.
- Das Event dauert gut drei Stunden, mit vielen Einspielern.
Seit Monaten brodelt in der US-Entertainment-Industrie eine Diskussion: Wer soll das eigentlich alles schauen?
Viele glauben, dass die Zuschauer längst den Überblick verloren haben, bei Hunderten Sendern über Antenne und Kabel. Ebenso gibt es ein halbes Dutzend Streaming-Anbieter wie Netflix, Hulu und HBO bis hin zu Disney, Apple und Amazon.
Emmy Awards können Kompass nicht neu ausrichten
Die 74. Emmy Awards am Montagabend in Los Angeles haben der Branche die Chance gegeben, den inneren Kompass neu auszurichten. Doch am Ende der gut dreistündigen Verleihung steht fest: Einen klaren Fixpunkt haben die knapp 20'000 Abstimmenden der Television Academy derzeit nicht. Stattdessen sind die Preisträger breit gestreut und häufig altbekannt.
In den wichtigsten Kategorien des Abends siegten Serien, die schon einmal gewonnen haben: Die schwarzhumorige Medien- und Familiensatire «Succession» gewann wie schon 2020 als bestes Drama. Die warmherzige Fussballserie «Ted Lasso» bekam wie 2021 den Emmy als beste Comedy.
Sie setzten sich gegen neuere und oft mutigere Stoffe durch. Beispielsweise hätte mit der düsteren südkoreanischen Gesellschaftskritik «Squid Game» erstmals ein nicht-englischsprachiges Drama gewinnen können. Auch für den Comedy-Quotenhit «Abbott Elementary» gab es letztlich eher Trostpreise in Drehbuch- und Nebendarsteller-Kategorien.
Auch drei der vier Hauptdarstellerpreise gingen an Stars, die diese Auszeichnungen für ihre Rollen schon einmal ins Regal stellen durften: Jason Sudeikis gewann in der «Ted Lasso»-Titelrolle als US-Footballtrainer, der ein britisches Team übernimmt. Und Jean Smart als alternde Comedienne in «Hacks» hatten auch schon 2021 gewonnen.
Auch Zendaya, mit 26 Jahren immerhin noch eine Newcomerin, hatte schon 2020 als Hauptrolle Rue im schonungslosen Teenage-Drama «Euphoria» gesiegt. Einzig der Südkoreaner Lee Jung-jae in «Squid Game» als bester Drama-Darsteller war eine Überraschung. Es ist unmöglich zu erfahren, ob sich die gleichzeitig nominierten «Succession»-Darsteller Brian Cox und Jeremy Strong gegenseitig Stimmen geklaut haben.
In der Sparte mit Auszeichnungen für Miniserien und Fernsehfilme war «The White Lotus» der grosse Abräumer und holte zehn Auszeichnungen. Sie holte mehr als jedes andere Format in diesem Jahr. Die Urlaubssatire ging unter anderem mit Preisen für die beste Miniserie und die beste Regie nac Hause. Ebenso gewann siedas beste Drehbuch einer Miniserie genauso wie für die besten Nebendarsteller Murray Bartlett und Jennifer Coolidge.
John Oliver gewinnt zum siebten Mal
In vielen weiteren Nebenkategorien gab es die bekannten Sieger: John Oliver siegte zum siebten Mal in Folge für seine Sketch-Nachrichtensendung «Last Week Tonight» als beste Unterhaltungs-Talkshow.
Und gegen Dauersieger «Saturday Night Live» konnte die «Black Lady Sketch Show» nichts ausrichten: «SNL» gewann zum sechsten Mal in Folge die erst 2015 eingeführte Kategorie für die beste Unterhaltungs-Sketch-Serie. Insgesamt kommt die seit 1975 laufende Live-Comedy nun laut der Datenbank IMDB auf 87 Emmys bei mehr als 300 Nominierungen.
Ausgebremst wurde die dreistündige Verleihung aber auch durch längliche Eigenwerbung für Produktionen des ausstrahlenden US-Senders NBC. Übermässig viel vorgeschriebenes Geplauder der Laudatoren und eine als Sketch-Einspieler angekündigte Autowerbung kamen dazu.