Ex-Generalstaatsanwalt in Mexiko wegen Verschwindens von Studenten festgenommen
Fast acht Jahre nach dem Verschwinden von 43 Studenten in Mexiko ist der damals für die Ermittlungen zuständige Generalstaatsanwalt festgenommen worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Jesús Murillo Karam hatte umstrittene Ermittlungen geleitet.
Jesús Murillo Karam wurde am Freitag in seinem Haus in der Hauptstadt Mexiko-Stadt wegen «Verschwindenlassens», Folter und Rechtsbeugung verhaftet, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte. Es handelt sich um den ranghöchsten früheren Beamten, der im Zusammenhang mit Ermittlungen zum Verschwinden der Studenten im Jahr 2014 festgenommen wurde.
Der Fall hatte international für Entsetzen gesorgt: Die 43 Studenten eines linksgerichteten Lehrerseminars im südmexikanischen Ayotzinapa waren in der Nacht zum 27. September 2014 nahe der Stadt Iguala im Bundesstaat Guerrero verschwunden, als sie auf dem Weg zu einer Demonstration in der Hauptstadt Mexiko-Stadt waren. Bis heute sind nur die sterblichen Überreste von drei Opfern identifiziert worden.
Murillo Karam gilt als Architekt der sogenannten «historischen Wahrheit», der 2015 unter dem damaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto vorgelegten offiziellen Erklärung zu den Hintergründen der Tat. Demnach waren die Studenten von korrupten Polizisten verschleppt und an die Drogenbande Guerreros Unidos ausgeliefert worden. Bandenmitglieder sollen die Studenten für Angehörige eines verfeindeten Kartells gehalten, ermordet und die Leichen verbrannt haben.
Die Familien der Studenten und unabhängige Experten der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte zweifeln die offiziellen Ermittlungsergebnisse aber an. Eine 2019 von Nietos Nachfolger Andrés Manuel López Obrador ins Leben gerufene Wahrheitskommission kam in einem am Donnerstag vorgelegten Bericht zu dem Schluss, dass Soldaten und Beamte eine Mitschuld am Verschwinden der Studenten tragen.
«Ihre Taten, Unterlassungen oder Beteiligung ermöglichten das Verschwinden und die Hinrichtung der Studenten sowie die Ermordung von sechs weiteren Menschen», sagte der Leiter der Wahrheitskommission Ayotzinapa, Alejandro Encinas, bei der Vorstellung des Berichts. Er sprach von einem «Staatsverbrechen». Präsident López Obrador forderte daraufhin, die Wahrheit müsse bekannt und die Verantwortlichen müssten «bestraft» werden.
Murillo Karam galt einst als Schwergewicht der Partei PRI, die Mexiko bis ins Jahr 2000 mehr als 70 Jahr lang ununterbrochen regiert hatte. Die Partei bezeichnete die Festnahme des früheren Generalstaatsanwalts am Freitag als politisch motiviert.