Bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis kommt ein unbewaffneter Afroamerikaner wegen überhöhter Polizeigewalt ums Leben. Der Täter ist noch auf freiem Fuss.
Minneapolis Police George Floyd
Polizisten sichern in St. Paul, Minnesota eine Strasse. Nach dem Tod von George Floyd durch überhöhte Polizeigewalt will der Stadtrat in Minneapolis die Polizei ablösen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • George Floyd (†46) erstickt bei einem skandalösen Polizeieinsatz.
  • Es ist nur einer von vielen Opfern von überhöhter Polizeigewalt.
  • Afroamerikaner sterben in den USA deutlich häufiger durch Polizeikugeln.
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«Ich kann nicht atmen». Es sind die letzten Worte von George Floyd, die derzeit die Stadt Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota erschüttern. Das neuste Beispiel von exzessiver Polizeigewalt, an deren Folgen der Verhaftete erlegen ist - aufgenommen in einem Smartphone-Video.

Es zeigt, wie ein Polizist den 46-jährigen Afroamerikaner mit seinem Knie mehrere Minuten lang am Hals fixiert. Floyd fleht mehrere Male nach Luft. Dann verliert er das Bewusstsein.

Erst als der Krankenwagen anrollt, lässt ihn der Polizist los. Auf dem Weg ins Spital stellen die Sanitäter Floyds Tod fest.

Minneapolis George Floyd Brutal
Der Afro-Amerikaner George Floyd war in Minneapolis am Abend des 25. Mai nach einem brutalen Polizeieinsatz verstorben. - Facebook/Darnella Frazier

Vier Polizisten waren bei der Verhaftung des unbewaffneten Mannes dabei. Floyd soll mit Falschgeld in einem nahegelegenen Imbiss bezahlt haben. Anders, als die Polizisten behaupten, ergab sich der Security-Mitarbeiter widerstandslos. Dies zeigt die Aufnahme einer Überwachungskamera.

Minneapolis brennt

Seither herrscht in Minneapolis Ausnahmezustand. Ausschreitungen, Brandstiftungen, Plünderungen und reichlich Tränengas. Der demokratische Gouverneur Tim Walz hat inzwischen die Nationalgarde aufgerufen, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

minneapolis
Demonstranten haben die Polizeiwache in Minneapolis angezündet. - AFP

So verstörend das Ausmass der Zerstörungswut der Demonstranten auch sein mag, ihre Wut und Empörung ist nicht unbegründet. Floyd ist nur ein Beispiel, überbordender Gewalt gegen Schwarze. Erst kürzlich wurde der unbewaffnete schwarze Jogger Ahmaud Arbery in einem Park in Brunswick von einem Ex-Polizisten getötet. Ein Verdacht reichte für das Todesurteil des 25-Jährigen.

Milde Urteile für Polizisten

«Ich kann nicht atmen». Dies waren auch die letzten Worte von Eric Garner. Er kam 2014 bei einem Polizeieinsatz auf Staten Island ums Leben. Er soll illegal Zigaretten verkauft haben.

Der Polizist, der ihn erwürgte, wurde von einer Grand Jury freigesprochen. Es gebe keinen begründeten Anlass für die Erhebung einer Anklage.

Todesfall Eric Garner
Todesfall Eric Garner: Eine Gedenktafel hängt neben einem Geschäft an der Bay Street am Tompkinsville Park im New Yorker Viertel Staten Island, vor dem Eric Garner starb. - dpa

Freddie Gray verstarb 2015 in Baltimore ebenfalls nach einer Verhaftung. Die Autopsie des 25-Jährigen zeigte schwere Rückenmarksverletzungen, gebrochene Wirbel und eine Verletzung an seinem Kehlkopf. Die meisten davon habe er sich im innern des Polizeiwagens zugezogen. Zwei Jahre danach entscheidet das US-Justizministerium, keine Anklage gegen die sechs Polizisten zu erheben.

Philando Castile stirbt 2016 in Minnesota neben seiner Freundin und der gemeinsamen Tochter im Auto. Sechs Mal schoss der Polizist auf Castile. Dies, weil der 32-Jährige bei einer Verkehrskontrolle dem Polizisten erklärte, dass er eine Waffe auf sich trage. Der wegen Totschlags angeklagte Polizist wurde ein Jahr später freigesprochen.

Demonstrationen justice now
Ein Demonstrant hält in New York ein Schild hoch mit der Aufschrift, Gerechtigkeit jetzt. - Keystone

Und beim Fall George Floyd? Die insgesamt vier involvierten Polizisten wurden entlassen, sind aber bislang auf freiem Fuss. Gegen zwei der Polizisten wurde schon zuvor in anderen Fällen wegen exzessiver Gewaltanwendung ermittelt.

Bürgermeister Jacob Frey forderte den Bezirksstaatsanwalt auf, gegen den Haupttäter Anklage zu erheben. Und er äusserte sein Unverständnis, dass dieser noch nicht verhaftet wurde.

Polizisten wird mehr geglaubt

Dies sind nur vier Beispiele von vielen, wo Polizisten mit überhöhter Gewalt gegen Verdächtige vorgegangen sind. Dabei handelt es sich nicht immer um weisse Polizisten. Eine Studie der Universität Maryland und Michigan State von 2019 besagt, dass Afroamerikaner gar häufiger von schwarzen Polizisten erschossen werden.

Was aber auffällt: Landesweit sterben Afroamerikaner 3,7 Mal häufiger durch Schüsse der Polizei, als Weisse. Hispanoamerikaner rund 3,3 Mal häufiger.

Demonstranten usa
Demonstranten der Black Lives Matter-Bewegung. - Keystone

Dass Polizisten oft glimpflich davon kämen, hänge auch damit zusammen, dass den Polizisten oft mehr geglaubt wird. Dies erklärt der deutsche Rechtswissenschaftler und Kriminologe Tobias Singelnstein gegenüber der «Süddeutschen Zeitung». Gerichte seien daran gewöhnt, Polizisten zu glauben und sie als neutrale Beobachter zu sehen. Ein Polizist sei eben «kein normaler Angeklagter».

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