Der US-Präsident ist mit grossen Plänen für die Infrastruktur des Landes angetreten. Es liefen Verhandlungen mit Kongressmitgliedern. Nun wurde eine sehr abgespeckte Einigung erzielt.
US-Präsident Joe Biden hat grosse Plänen für die Infrastruktur seines Landes. Foto: Susan Walsh/AP/dpa
US-Präsident Joe Biden hat grosse Plänen für die Infrastruktur seines Landes. Foto: Susan Walsh/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Ringen um gross angelegte Investitionen in die amerikanische Infrastruktur hat US-Präsident Joe Biden Fortschritte erzielt.
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Biden verkündete eine Einigung mit einer kleinen Gruppe von demokratischen und republikanischen Senatoren auf ein Paket für Investitionen in Strassen, Brücken, Verkehrs- und Energienetze. Dessen Umfang ist weit entfernt von dem, was Biden ursprünglich angepeilt hatte. Unklar ist auch, ob es am Ende im US-Kongress genug Stimmen gibt, um das Paket zu verabschieden. Biden äusserte sich dennoch zuversichtlich.

Der Präsident hatte im Frühjahr Pläne vorgestellt, die in den kommenden acht Jahren Ausgaben von rund 2 Billionen US-Dollar (1,7 Billionen Euro) für die Erneuerung der Infrastruktur des Landes vorsahen. Der Plan - insbesondere die Finanzierung der Ausgaben über Steuererhöhungen - stiess bei Republikanern jedoch auf erheblichen Widerstand. In den Verhandlungen mit Kongressmitgliedern in den vergangenen Wochen war klar geworden, dass Biden beim Umfang des Pakets Abstriche würde machen müssen, um eine Mehrheit im Parlament für die Pläne zusammenzubekommen.

Biden handelte nun mit einer Gruppe von zehn Senatoren - fünf Demokraten und fünf Republikanern - eine Vereinbarung aus. Nach Angaben des Weissen Hauses sind darin neue Investitionen von 579 Milliarden US-Dollar (rund 485 Milliarden Euro) vorgesehen. Darunter sind 312 Milliarden Dollar für Verkehrsnetze, wie Strassen, Brücken oder öffentlichen Nahverkehr, sowie 266 Milliarden Dollar für andere Infrastrukturbereiche wie Wasser- und Energienetze oder den Internetausbau. Über fünf oder acht Jahre gerechnet, ergeben sich laut der Regierungszentrale Ausgaben von 973 Milliarden Dollar beziehungsweise 1,2 Billionen Dollar. Wie genau sich diese längerfristigen Kalkulationen zusammensetzen, blieb zunächst offen.

Ohnehin ist das letzte Wort bei dem Thema noch lange nicht gesprochen. Biden räumte ein, es stehe viel Arbeit bevor, um die Pläne tatsächlich zu verwirklichen. Er habe keine Garantie, dass für die Vereinbarung im Kongress genug Stimmen zusammenkämen. Biden, der selbst mehr als 35 Jahre im Senat gesessen hatte, betonte aber, er kenne die Abläufe im Kongress nur zu gut. Er vertraue den republikanischen Senatoren, die an dieser Vereinbarung beteiligt gewesen seien. Und er vertraue auf die Vernunft seiner eigenen Partei, ein Paket mit guten Elementen zu unterstützen, auch wenn nicht alle gewünschten Anliegen darin enthalten seien.

Biden betonte, keine Seite habe alle ihre Wünsche erfüllt bekommen. Es handele sich um einen Kompromiss. Die Tatsache, dass viele seiner Vorschläge in der aktuellen Vereinbarung nicht enthalten seien, bedeute nicht, dass er nicht weiter dafür kämpfen werde. Der Demokrat versicherte auch, er werde sich weiter für seinen «Amerikanischen Familienplan» einsetzen. Biden hatte Ende April zusätzlich zu dem Infrastruktur-Paket auch eine Ausweitung von Sozialleistungen vorgeschlagen, um Familien mehr zu unterstützen und etwa einen grösseren Teil der Bildungskosten für Kinder und Studenten zu übernehmen.

Dieses Paket würde nach seinem Willem auf ein Jahrzehnt betrachtet etwa 1,8 Billionen US-Dollar (umgerechnet 1,5 Billionen Euro) kosten und soll demnach mit Steuererhöhungen und dem konsequenteren Eintreiben fälliger Abgaben finanziert werden. Der Vorstoss ist unter Republikanern jedoch noch umstrittener als das Infrastruktur-Investitionspaket.

Bidens Demokraten haben zwar in beiden Kammern des US-Kongresses eine Mehrheit. Im Senat ist die Mehrheit jedoch so dünn, dass die Republikaner Gesetzesvorschläge blockieren können. Denn im regulären Gesetzgebungsprozess müssen zunächst 60 der 100 Senatoren der Abstimmung über eine Gesetzesvorlage zustimmen. Die Demokraten haben nur 50 Sitze und die Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris in ihrer Funktion der Senatspräsidentin.

Zur Bekämpfung der Corona-Krise hatten die Demokraten kurz nach Bidens Amtsantritt bereits ein rund 1,9 Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket im Kongress durchgesetzt. Sie bedienten sich dabei eines Vermittlungsverfahrens für Haushaltsgesetze, um das Paket im Senat mit der knappen Mehrheit der Demokraten zu beschliessen - also ohne Unterstützung der Republikaner. Biden und die Demokraten könnten versuchen, weitere Anliegen, die in der überparteilichen Vereinbarung nicht enthalten sind, ebenfalls auf diesem Weg durchzubekommen.

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