Deshalb wählen Frauen Kamala Harris und Männer Trump
Frauen wählen links, Männer wählen rechts: Selten war der Gender-Gap grösser als im US-Präsidentschaftsrennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump.
Das Wichtigste in Kürze
- Männer wählen Donald Trump, Frauen Kamala Harris.
- Die Gründe sind in den Charakteren der Kandidierenden zu finden.
- Auch die Wokeness-Debatte und das Thema Abtreibung spielen eine Rolle für den Gender-Gap.
Das Rennen um die nächste US-Präsidentschaft spitzt sich zu. Donald Trump und Kamala Harris liegen in den jüngsten Umfragen praktisch gleich auf.
In den Swing States, die über den Ausgang der Wahl entscheiden werden, dürften wenige Zehntausend Stimmen den Unterschied ausmachen.
Die beiden Kandidierenden können sich dabei auf die Stimmen ihres eigenen Geschlechts verlassen: Laut einer aktuellen Umfrage der Quinnipiac University wollen 58 Prozent der Frauen für Harris und 37 Prozent für Trump stimmen. Bei den Männern ist das Verhältnis umgekehrt: 57 Prozent für Trump; 39 Prozent für Harris.
Bereits in der Vergangenheit haben sich die Frauen eher für die Kandidaten der Demokraten entschieden. Die Männer halten es traditionell eher mit den Republikanern. So gross wie in diesem Wahlkampf war der Gender-Gap indes noch nie. Der «Spiegel» hat drei Gründe für die unterschiedlichen Präferenzen eruiert.
Grund 1: Stereotype Charaktere
«Ich liebe schöne Frauen, und schöne Frauen lieben mich», lautet ein bekanntes Zitat von Trump. Frauen, die nicht seinem Schönheitsideal entsprechen, bezeichnet er wahlweise als «Pferdegesicht» oder als «hässlich». Er protzt mit Statussymbolen wie Villen, Autos und Flugzeugen.
Während dieser Machismo Frauen abstösst, kommt er speziell bei jungen Männern gut an. «Für manche jungen Latino-Männer ist er ein Rollenvorbild. Sie wollen werden wie er», sagte Carla Chavarria dem Nachrichtenmagazin. Die Latina arbeitet im Swing State Arizona für eine den Demokraten nahestehenden Organisation.
Kamala Harris dagegen präsentiert sich als moderne, starke Frau. Als Person, die sich von Attacken ihres Gegners, die teils unter der Gürtelline liegen, nicht beeindrucken lässt. Zudem vertritt sie typische weibliche Anliegen und wird so zum Vorbild vieler Frauen in den USA.
Grund 2: Der gesellschaftliche Wandel
Die Wokeness-Debatte ist auch in den USA ein zentrales Wahlkampf-Thema. Fast die Hälfte der jungen Männer glaubt, die US-Gesellschaft sei zu weich und zu weiblich geworden.
Harris ist die erste Vize-Präsidentin in der Geschichte der USA und könnte die erste Präsidentin werden. Die Zeiten enden, in denen Männer ein Monopol auf Schlüsselpositionen hatten.
Einige Männer befürchten, dass sie aufgrund dieses Wandels den Anschluss verlieren könnten. Die Republikaner und Trump stellen sich daher gerne als Verteidiger der Männlichkeit dar.
Und Harris? Sie profitiert davon, dass der Anteil unverheirateter Frauen stark gestiegen ist. Früher haben Ehefrauen ihre Stimme oft der Meinung ihres Mannes angepasst. Single-Frauen fragen sich dagegen eher, was ihnen persönlich nützt.
Und die Antwort darauf lautet oft: Kamala Harris.
Grund 3: Das Thema Abtreibung
Bei Frauen ist das Thema Abtreibung gerade in den Swing States Thema Nummer eins. Bei den Männern rangiert es weit hinter anderen Themen zurück wie Wirtschaft oder Einwanderung. Kamala Harris hat sich in der Vergangenheit immer wieder für Abtreibungsrechte eingesetzt und punktet damit zusätzlich bei den Frauen.
Trump dagegen ist auf die Unterstützung der radikalen christlichen Gruppen angewiesen. Um diesen Support nicht zu verlieren, fährt er beim Thema Abtreibung einen Schlingerkurs. Längst ist bekannt, dass eine deutliche Mehrheit der US-Bürger das Recht auf Abtreibung befürwortet.
Donald Trump gegen Kamala Harris ist auch ein Kampf der Geschlechter. Gut möglich, dass am 3. November mitentscheidet, welcher Kandidierende die grössere Anzahl Personen «seiner» Gruppe zum Gang an die Wahlurne motivieren kann.