Hauch von «altem Westen»: G7-Runde vermeidet Bruch mit USA

Keystone-SDA
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USA,

Die westlichen Demokratien einigten sich trotz Trumps Turbulenzen auf Kompromisse, etwa zur Ukraine-Politik.

Annalena Baerbock
Aussenministerin Annalena Baerbock und US-Aussenminister Antony Blinken (r). - dpa

Die wirtschaftsstarken Demokratien des Westens haben sich trotz der von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Turbulenzen auf Kompromisse bei zentralen Themen wie der stark umstrittenen Ukraine-Politik geeinigt. US-Aussenminister Marco Rubio trug bei der letzten grossen Reise der scheidenden deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock Formulierungen mit, die den Positionen Trumps bei dessen drastischem Kurswechsel gegenüber Kiew und Moskau in dem Krieg entgegenzustehen scheinen.

«Die G7-Mitglieder bekräftigten ihre unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine bei der Verteidigung ihrer territorialen Integrität und ihres Existenzrechts sowie ihrer Freiheit, Souveränität und Unabhängigkeit», heisst es im gemeinsamen Abschlussdokument der Konferenz der Aussenminister der wirtschaftsstarken Demokratien in Kanada. Es brauche einen «umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen».

G7 pochen auf Sicherheit gegen Russland

Die G7 betonten bei dem Treffen im bitterkalten Charlevoix im Osten Kanadas «die Notwendigkeit robuster und glaubwürdiger Sicherheitsvorkehrungen» gegen russische Aggressionen. Auf Sicherheitsgarantien hatten Kiew und die europäischen Verbündeten immer wieder gepocht, um erneute Angriffe zu verhindern. Trump lehnte sie bisher ab und hatte Kiew zuletzt unter anderem als Aggressor in dem Konflikt dargestellt.

Ob die wegen Trump drohende Spaltung des Westens tatsächlich zunächst abgewendet ist, bleibt angesichts der unvorhersehbaren Politik des US-Präsidenten aber offen. Neben Kanada und den USA gehören Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien und Japan zu der Runde. Mitte Juni wollen die G7-Staats- und Regierungschefs in Kanada zusammenkommen.

G7 unterstützt Waffenstillstandsvorschlag

Die G7-Länder versammelten sich hinter dem Vorschlag der USA und der Ukraine für einen Waffenstillstand. Es gebe Grund für «vorsichtigen Optimismus», einen baldigen Frieden erreichen zu können, sagte Rubio.

Er bewertete ein Treffen des US-Sondergesandten Steve Witkoff mit Kremlchef Wladimir Putin zu dem Vorschlag am Donnerstag als «sehr positiv und produktiv». Am Wochenende werde man die Position genauer prüfen. Putin hatte eine mögliche Zustimmung an viele Vorbedingungen geknüpft.

G7 fordert humanitäre Hilfe für Gaza

Im Nahostkonflikt forderte die Gruppe die Freilassung aller Geiseln in Gaza sowie die Übergabe der sterblichen Überreste der Todesopfer. Angesichts des Stopps der Hilfslieferungen durch Israel verlangen die G7 «ungehinderte humanitäre Hilfe für Gaza und einen dauerhaften Waffenstillstand». Die von europäischen und arabischen Staaten angestrebte Zweistaatenlösung wird auf Druck der USA nicht erwähnt.

Die Minister betonten indes «die Notwendigkeit eines politischen Horizonts für das palästinensische Volk» und zeigten sich besorgt über die wachsenden Spannungen und Feindseligkeiten im Westjordanland. Mit Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert.

Rubio meidet G7-Fototermine

Auffällig war, dass der US-Aussenminister bei gemeinsamen Aktionen der G7-Runde am Rande der Beratungen fehlte. So war Rubio schon beim Empfang durch die kanadische Aussenministerin Mélanie Joly am Mittwochabend nicht dabei, als es Marshmallow-Sandwiches gab.

Auch am Donnerstagnachmittag fehlte der US-Amerikaner. Da liess sich ein Grossteil der Runde auf der Hotelterrasse mit Blick auf den beeindruckenden St.-Lorenz-Strom eine örtliche Spezialität schmecken: Es gab «Maple Taffys», einen im Schnee erkalteten Ahornsirup am Stil. Auf Bildern sah man Baerbock (Grüne) gemeinsam mit Gastgeberin Joly, dem Briten David Lammy und Frankreichs Chefdiplomaten Jean-Noël Barrot sowie der EU-Aussenbeauftragten Kaja Kallas fröhlich vereint.

In Charlevoix kursierte die These, Rubio habe sich ersparen wollen, dass er auf solchen freundschaftlich-netten Bildern mit seinen Kolleginnen und Kollegen zu sehen ist. Angesichts der von Trump vorangetriebenen Konflikte hätten diese ja womöglich den Zorn seines Chefs erregen können.

Joly zu Trump-Drohung: Maximaler Druck auf USA

Zum Zollstreit mit den USA und den Drohungen Trumps mit einer Annexion Kanadas sagte Joly nach einem «sehr langen Gespräch» mit Rubio: «Wir werden maximalen Druck auf die Amerikaner ausüben und gleichzeitig versuchen, Auswege zu finden».

Rubio und sie hätten sich verständigt, sich von Uneinigkeit nicht davon abhalten zu lassen, «uns auch in anderen Punkten zu einigen». Trump hatte Kanada wiederholt den «51. Bundesstaat» genannt und mit seinem Handelskrieg inklusive Strafzöllen Ängste vor einer Annexion geschürt.

Kanada sucht neue Partner – Trump keine Lachnummer

Joly sagte zu den Drohungen Trumps gegenüber ihrem Land, sie glaube, dass viele der G7-Kollegen gedacht hätten, «das Thema sei noch immer ein Scherz und müsse mit Humor genommen werden. Aber ich habe ihnen gesagt: Das ist kein Scherz. Die Kanadier sind besorgt.» Sie kündigte an, Kanada wolle sich mehr der EU und Grossbritannien zuwenden. Kanada wisse, dass es seine Wirtschaft angesichts der US-Bedrohung diversifizieren müsse.

Anders als sein Chef Trump zeigte Rubio sich nach dem Treffen seiner Amtskollegin aus dem Nachbarland gegenüber warmherzig und bezeichnete Joly als Freundin. Baerbock ihrerseits fand überraschend positive Worte für Rubio. Auf die Frage, ob sie das Gefühl habe, bei den Beratungen neben einem Freund gesessen habe, antwortete sie ohne zu zögern mit «Ja». Dafür seien gerade auch kleine Formate wie G7 gut, «wenn man eben nicht nur miteinander diskutiert, sondern auch viel Zeit miteinander verbringt».

Modisches Statement in Kanadas Farben

Für Freude bei den Gastgebern sorgte eine modische Botschaft Baerbocks zusammen mit der EU-Aussenbeauftragten Kallas. Beide waren in Solidarität mit dem Verbündeten farblich abgestimmt in den kanadischen Nationalfarben Rot (Kallas) und Weiss (Baerbock) aufgetreten. «Es war ein tolles modisches Statement», schwärmte Joly.

Kommentare

User #1845 (nicht angemeldet)

Die Europäer halten weiterhin ganz verkrampft an den USA fest. Das ist sie - die Schwäche und Feigheit Europas. Immer Schutz suchen unter dem Flügeli der US-Glucke, selbst wenn die beisst. Dabei wäre Europa gross und stark. Unverständlich

Amediesli

Rubio macht Zugeständnisse, die nichts wert sind, weil sein Boss diese mach Lust und Laune bachab schicken kann.

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