Ist Trump Harris in die Falle getappt?
Das erste TV-Duell zwischen Donald Trump und Kamala Harris ist vorbei. Dabei schien sich ein klare Bild abzuzeichnen, wer hier die Führung übernahm.
Bei der heissersehnten Fernsehdebatte im US-Präsidentschaftswahlkampf zeigte Kamala Harris starke Performance und liess den republikanischen Kandidaten Donald Trump oft nur reagieren, statt die Agenda zu bestimmen.
Harris zeigt strategische Dominanz
Es war ein Abend, an den man sich erinnern wird. Die Debatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump verlief deutlich anders als erwartet. Harris schien jeden Schritt, jede Geste und jedes Wort minutiös geplant zu haben, beginnend mit dem symbolischen Handschlag, der bereits die Kontrolle auf ihre Seite zog.
Trump hingegen schien lediglich reaktiv zu agieren, anstatt die Führung zu übernehmen. Und tatsächlich konnte man in seinem Gesichtsausdruck oft Überraschung und Verärgerung ablesen.
Trumps Aggression und wie sich Harris vorbereitet hat
Der ehemalige Präsident zeigte während der anderthalb Stunden der Debatte eine finstere Miene, griff Harris an und malte düstere Bilder vom Zustand des Landes. Er konnte seine Gegnerin jedoch nie wirklich in Schach halten. Der Anschein war, dass Harris sehr gut auf den Wettstreit vorbereitet war.
Sie hatte ihre Antworten und Reaktionen klar auf Trumps unvorhersehbares Verhalten abgestimmt und demonstrierte damit ihre Souveränität.
Obwohl Harris bisher nur wenige konkrete politische Initiativen vorgestellt hat und einige ihrer Positionen, wie zu Fracking und Gesundheitsversicherung, ohne wirkliche Erklärung geändert hat, konnte sie trotzdem überzeugen. Genauso wie Trump ignorierte sie unliebsame Fragen und konzentrierte sich lieber auf ihre Botschaften. Es wurde aber deutlich, dass beide Kandidaten auf ihre Art die Dynamik des Fernsehduells zu nutzen versuchten.
Die Kraft strategischer Angriffe
Mit ihrer taktischen Vorgehensweise liess Harris Trump oft in der Defensive zurück und nutzte seinen Narzissmus zu ihrem Vorteil. Jedes Mal, wenn sie ihn mit unangenehmen Wahrheiten konfrontierte, wie dem radikalen «Project 2025», seinem Erbe von 400 Millionen Dollar oder seiner Verurteilung im Schweigegeldprozess, sah sich Trump gezwungen zu widersprechen und spielte damit ihr in die Hände.
Besonders interessant wurde die Debatte aber, als sich Trump auf den von der politischen Bühne scheidenden Joe Biden einschoss. Doch es war eine Ablenkung, die sich nicht auszahlte und ihm letztendlich das Nachsehen gab. Harris nutzte die Gelegenheit aber, um ihre klare Abgrenzung von beiden Politikern zu betonen:
«Offensichtlich bin ich nicht Joe Biden, und ich bin sicher nicht Donald Trump.»
Fehlende Inhalte und verschleierte Visionen
Laut dem «Standard» war die Debatte aber eher arm an aussagekräftiger politischer Substanz. Beide Kandidaten blieben vage, und konkrete Pläne oder Versprechen kamen selten zur Sprache. Doch wie schon oft bei solchen Events ging es mehr um die Performance als um konkrete politische Inhalte.
Trump und Harris verkörperten offensichtlich zwei konträre Visionen für die USA, wie auch Harris in ihrem Schlussplädoyer darstellte: «Ich glaube, Sie haben heute Abend zwei sehr unterschiedliche Visionen für unser Land gehört: Eine, die sich auf die Zukunft konzentriert, und eine andere, die sich auf die Vergangenheit konzentriert».