Ausnahmezustand

New Yorker Unis wegen Nahost-Konflikt im Ausnahmezustand

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USA,

Der Gaza-Krieg eskaliert nicht nur vor Ort. Auch an US-Hochschulen stehen sich die Fronten unversöhnlich gegenüber, eine Lösung scheint weit entfernt.

Pro-israelische Demonstranten solidarisieren sich mit Columbia-Assistenzprofessor Shai Davidai.
Pro-israelische Demonstranten solidarisieren sich mit Columbia-Assistenzprofessor Shai Davidai. - Stefan Jeremiah/AP/dpa

Hundertschaften der Polizei rücken auf Campusse der renommierten New Yorker Universitäten Columbia und NYU vor. In der Dunkelheit stehen sie propalästinensischen Demonstranten gegenüber, nehmen viele fest. Es sind Szenen, über die die TV-Sender aufgeregt berichten.

An vielen Universitäten in den USA ist die Balance zwischen Meinungsfreiheit und Diskriminierung, dem Recht zum Protest und dem Sicherheitsbedürfnis ausser Kontrolle geraten. Und die Unis sind seit Beginn des Gaza-Kriegs Spiegelbild der Spaltung der US-Gesellschaft im Nahost-Konflikt.

Uni lässt Protestlager von Polizei auflösen

Was ist passiert? Vergangene Woche, am frühen Donnerstagmorgen, errichten Studierende der Columbia im New Yorker Stadtteil Manhattan ein Zeltlager auf ihrem Campus, in Solidarität mit den Palästinensern und um gegen Israels Vorgehen im Gaza-Krieg zu protestieren.

Ihre konkrete Forderung: Die Hochschule müsse alle finanziellen Verbindungen mit Israel kappen. Die Universitätsleitung zögert nicht lange und holt die Polizei.

Nur wenige Stunden später räumt die New Yorker Polizei (NYPD) die Wiese und nimmt mehr als 100 propalästinensische Demonstranten fest. Dabei fliegen laut Polizei auch Flaschen und Klappstühle.

Der Einsatz facht die Proteste weiter an: Nicht nur in New York, auch an einigen anderen Universitäten im Land entstehen neue, grössere Protest-Camps.

Präsenzunterricht ausgesetzt

An der Columbia sind daraufhin viel mehr Zelte als davor aufgebaut, der Präsenzunterricht wird aus Sicherheitsgründen ausgesetzt. Unter den Demonstrantinnen und Demonstranten ist auch Katherine, die Internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Nahoststudien studiert. Die 26-Jährige war am Donnerstag unter jenen, die festgenommen wurden. Die Uni hat sie zudem suspendiert.

Sie erzählt, dass sie bereits in den vergangenen Monaten beim Demonstrieren angegriffen worden sei: «Und die Universität unternimmt nichts gegen diese Gewalt gegen uns, sondern kritisiert uns dann dafür, dass wir einen Platz mit Zelten besetzen, als ob das irgendwie unangebracht wäre, als ob das eine irgendwie entsetzliche Aktion wäre.»

Sie findet die gewaltsame Verhaftung von 100 friedlichen Studenten entsetzlich. Das sehen viele ähnlich, darunter auch reihenweise Professorinnen und Professoren, die sich solidarisch zeigen.

Antisemitismus und Islamophobie

Wer den Ort des Protests zuletzt besucht hat, den lassen die Beschreibungen einiger US-Medien und rechter Politiker stutzen, wonach der Campus ein Hort der Gewalt und des Extremismus sei.

Die Realität ist deutlich friedlicher, die meisten Studierenden gehen ihrem normalen Alltag nach, spielen Ball auf der Wiese, lernen für Examen oder lesen. Im propalästinensischen Camp wird getanzt, gesungen, gebetet oder gekocht. Mit dabei sind auch israelkritische jüdische Studenten.

Doch einige wenige dominieren die Aussenwahrnehmung: Es gab in den vergangenen Monaten vereinzelte Vorfälle von Antisemitismus (und auch von Islamophobie), Plakate sprechen sich für einen bewaffneten Widerstand gegen Israel aus. Nicht alle Studierenden bewegen sich innerhalb der Grenzen dessen, was friedlicher Protest darf.

Das Problem: Der offene Bruch mit ihnen seitens der gemässigten Demonstranten ist selten; eine aktive Distanzierung zu einer Verharmlosung der Hamas nicht überall erkennbar. Von aussen angeheizt wird die Lage zudem von radikaleren Vertretern der politischen Lager, die im US-Wahlkampf Stimmung machen wollen.

«Das ist 1938»

Es ist eine Situation, in der sich nicht alle jüdischen Studierenden sicher genug fühlen, um den Davidstern in der Universität zu tragen oder auf dem Campus Hebräisch zu sprechen. Für Aufsehen sorgt auch Columbia-Assistenzprofessor Shai Davidai.

Am Montag schreibt er auf der Plattform X, dass die Universität ihn wegen der anhaltenden Proteste nicht auf den Campus gelassen hätte: «Warum? Weil sie meine Sicherheit als jüdischer Professor nicht schützen können. Das ist 1938.»

Auch US-Präsident Joe Biden meldet sich zu Wort: «Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich – und er hat auf dem Campus oder irgendwo anders in unserem Land absolut keinen Platz.» Biden reagiert darauf, dass die Universitäten seines Landes zu Epizentren der gesellschaftlichen Debatte in einem unauflösbar scheinenden Konflikt geworden sind. Zwei Lager einer Gesellschaft stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Verhandlungen zeigen Wirkung

Am Mittwochmorgen (Ortszeit) kündigte die Columbia an, ihr Ultimatum zur Räumung des Camps um weitere 48 Stunden zu verlängern. Zuvor hatte Columbia-Präsidentin Nemat «Minouche» Shafik mit «alternativen Optionen» für eine Räumung gedroht, sollte das Camp nicht bis Dienstag um Mitternacht geräumt sein.

Es habe Fortschritte in den Verhandlungen mit den Studierenden gegeben, hiess es in einer Mitteilung, die der «Washington Post» vorlag. Die Demonstrantinnen und Demonstranten hätten sich bereit erklärt, eine «beträchtliche Zahl» von Zelten abzubauen, nur noch Columbia-Studierende zu den Protesten zuzulassen und Schritte gegen die Verwendung diskriminierender Sprache zu unternehmen.

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User #2672 (nicht angemeldet)

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