Trumps Anwalt: Rudy Giuliani positiv auf Corona getestet
Im Auftrag von Trump reiste er zuletzt kreuz und quer durch die USA, um angeblichen Wahlbetrug anzuprangern. Nun ist Rudy Giuliani positiv auf das Coronavirus getestet worden - und beschert Trump einen weiteren Dämpfer bei den Versuchen, das Wahlergebnis zu kippen.
Das Wichtigste in Kürze
- Sein Feldzug gegen das Wahlergebnis droht US-Präsident Donald Trump völlig zu entgleiten: Trump teilte am Sonntag auf Twitter mit, sein persönlicher Anwalt Rudy Giuliani sei positiv auf das Coronavirus getestet worden.
Sein langjähriger Vertrauter leitet die rechtlichen Anstrengungen, das Ergebnis der Präsidentenwahl zu Gunsten von Verlierer Trump zu kippen - bislang ohne nennenswerten Erfolg. Es ist der jüngste einer Vielzahl von Corona-Fällen im direkten Umfeld von Trump, der Anfang Oktober selbst an Covid-19 erkrankt war.
Trump hatte den ehemaligen Staatsanwalt und Bürgermeister von New York City Mitte November damit beauftragt, die Klagen gegen das Wahlergebnis und den Sieg des Demokraten Joe Biden anzuführen. Trump hatte sich an seinen Vertrauten gewendet, nachdem der eigentlich damit beauftragte Wahlkampfberater David Bossie wegen einer Coronavirus-Infektion handlungsunfähig war. Trumps Anwältin Jenna Ellis schrieb am Sonntag auf Twitter: «Giuliani ist ein zäher Krieger!» Die Arbeit von Trumps Anwälten werde von Giulianis Infektion nicht beeinträchtigt und man mache weiter.
Es blieb unklar, warum Trump es war, der die Öffentlichkeit über Giulianis Infektion informierte. Die «New York Times» und der Sender Abc News berichteten jedoch, Giuliani sei in der Hauptstadt Washington in ein Krankenhaus gekommen. Der 76-Jährige selbst twitterte am späten Sonntagabend dann: «Ich werde sehr gut betreut und fühle mich gut.» Er erhole sich sehr schnell und bedankte sich für die erhaltenen Genesungswünsche.
Giulianis Sohn Andrew schrieb auf Twitter: «Mein Vater Rudy Giuliani ruht sich aus, wird grossartig versorgt und fühlt sich gut.» Ob Giuliani Symptome einer Erkrankung zeigt, wurde zunächst nicht bekannt. Mit seinen 76 Jahren gehört Giuliani aber zu einer Corona-Risikogruppe.
Giuliani habe «unermüdlich» gearbeitet, die «korrupteste Wahl (bei weitem!)» in der Geschichte der USA aufzudecken, schrieb Trump auf Twitter. Der Republikaner sendete seinem Anwalt Genesungswünsche. «Wir werden weitermachen!!!», fügte er hinzu.
Giuliani behauptet, beweisen zu können, dass Trump aufgrund eines von der Demokratischen Partei organisierten Stimmenraubs um den Sieg über Joe Biden gebracht wurde. Mehrere Klagen der Trump-Anwälte in verschiedenen Bundesstaaten sind vor Gericht unter anderem wegen fehlender Beweise gescheitert. Auch wenn derzeit alles darauf hinausläuft, dass Biden in gut sechs Wochen zum 46. Präsidenten der USA vereidigt wird: Trump hält an der Erzählung fest, dass er der eigentliche Sieger ist. So stellte er es auch bei seiner ersten Kundgebung seit der Wahl am Samstag im Bundesstaat Georgia dar.
Nach seiner Zeit als Bürgermeister von New York City galt Giuliani als Held. Mittlerweile wird er von vielen als nicht immer erfolgreicher Handlanger des Präsidenten belächelt. Giuliani hat Trump bereits mehrfach in Schwierigkeiten gebracht. Er war eine zentrale Figur in der Ukraine-Affäre, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ins Rollen brachte. Giuliani hatte sich aktiv darum bemüht, die Ukraine zu Ermittlungen gegen Biden zu bewegen. Im Endspurt des Wahlkampfs hatte der 76-Jährige vergeblich versucht, einen Skandal rund um Bidens Sohn Hunter auszulösen. Selbst konservative Medien liessen wegen der fragwürdigen Quellenlage die Finger von der Geschichte.
Am 19. November hatte dann eine Pressekonferenz für Aufsehen gesorgt, bei der sich Trumps Anwälte in Verschwörungstheorien verstrickten. Giuliani redete sich in einem rund 40-minütigen Monolog in Rage und schwitzte im Licht der Scheinwerfer. Im Anschluss daran sorgte für Gesprächsstoff, dass ihm dunkle Farbe über die Wangen lief - vermutlich hatte es sich dabei um Spuren eines Färbemittels oder Wimperntusche gehandelt. Nach der Pressekonferenz war Giulianis Sohn Andrew positiv auf das Virus getestet worden.
Seit Trump ihn auf das Wahlergebnis ansetzte, reiste Giuliani kreuz und quer durch das Land, um seinen unbelegten Behauptungen Gehör zu verschaffen. Am Mittwoch war er bei einer Parlamentsanhörung in Michigan, am Donnerstag in Georgia. Jen Jordan, demokratische Senatorin in dem Bundesstaat, zeigte sich angesichts der Nachricht über Giulianis Infektion empört. «Ich ahnte nicht, dass die glaubwürdigste Todesdrohung, der ich letzte Woche begegnet bin, Trumps eigener Anwalt war», schrieb sie auf Twitter. «Giuliani - ohne Maske, in einem voll besetzten Anhörungsraum für sieben Stunden. Zu sagen, dass ich wütend bin, wäre zu freundlich. Die Scheinanhörung im Senat war ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Nun könnten ihre Auswirkungen weit darüber hinausgehen.»
Giuliani war am Sonntagmorgen noch in einem Fernsehinterview bei Fox News zu sehen gewesen, in dem er erneut behauptete, es habe zentral organisierten Wahlbetrug gegeben, der «sehr gut geplant, sehr gut ausgeführt» gewesen sei. US-Behörden hatten die Wahlen am 3. November als sicherste in der Geschichte des Landes bezeichnet. Experten rechnen Trump aber keine reellen Chancen mehr aus, seine Niederlage gegen Biden juristisch noch abwenden zu können.
Es ist nun schon das zweite Mal, dass das Coronavirus Trump in entscheidenden Momenten für seine politische Zukunft in die Quere kommt: Wenige Wochen vor der Wahl hatte er wegen seiner Erkrankung seinen Wahlkampf auf Eis legen müssen. Ohnehin läuft ihm und seinen Verbündeten die Zeit davon, die Erzählung der «gestohlenen Wahl» weiterzuspinnen und die Klagewelle fortzusetzen - der Ausfall Giulianis kommt zu einer Unzeit.
Trump hat die Gefahr des Coronavirus immer wieder heruntergespielt und die Amerikaner nach seinem Krankenhausaufenthalt dazu aufgerufen, «keine Angst» davor zu haben. Dabei wurden zahlreiche Menschen in seinem Umfeld positiv auf das Virus getestet, neben Trumps Frau Melania und seinen Söhnen Barron und Donald auch enge Mitarbeiter im Weissen Haus wie Stabschef Mark Meadows. Der Trump-Vertraute Chris Christie ging nach einem schweren Covid-Verlauf auf Distanz zum Präsidenten. Trump verzichtet in der Pandemie weder auf Veranstaltungen im Weissen Haus noch auf Massenkundgebungen mit Tausenden Anhängern - zuletzt am Samstag in Georgia, wo wie üblich nur wenige Unterstützer Masken trugen.
Seit Beginn der Pandemie sind in den USA im Zusammenhang mit einer Infektion bereits rund 282.000 Menschen ums Leben gekommen. Fünf Tage in Folge starben pro Tag mehr als 2200 Menschen. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen erreicht immer neue Spitzenwerte. In den vergangenen Tagen lag sie binnen 24 Stunden bei mehr als 200.000.