US-Justizminister wirft Trump überraschend Behinderung seiner Arbeit vor
US-Justizminister Bill Barr hat überraschend scharfe Kritik an Präsident Donald Trump geübt: Barr, für gewöhnlich ein energischer Trump-Verteidiger, warf dem Präsidenten vor, mit seinen Äusserungen im Kurzbotschaftendienst Twitter die Arbeit seines Ministeriums zu erschweren.
Das Wichtigste in Kürze
- Barr: «Ich habe ein Problem mit einigen der Tweets».
Die Twitter-Kommentare machten ihm die Arbeit «unmöglich», sagte Barr dem Sender ABC News. Trump zeigte sich davon am Freitag unbeeindruckt - und twitterte, er habe das «Recht», in Strafverfahren einzugreifen.
«Ich habe ein Problem mit einigen der Tweets», sagte Barr am Donnerstagabend im Interview mit ABC News. «Ich kann meine Arbeit hier im Ministerium nicht machen mit ständigen Kommentaren aus dem Hintergrund, die mich untergraben». Es sei «an der Zeit damit aufzuhören», über Fälle des Justizministeriums zu twittern.
Der scharfe Angriff kam völlig unerwartet, da Barr als vehementer Verteidiger des Präsidenten gilt. Nach Barrs Äusserungen wurden deshalb Spekulationen laut, mit dem Interview solle womöglich eher die öffentliche Meinung im Vorfeld von Barrs Befragung im US-Repräsentantenhaus beeinflusst als echte Kritik an Trump geübt werden.
Barr wird am 31. März im Repräsentantenhaus zu seiner Amtsführung Stellung beziehen. Die in der Kongresskammer dominierenden Demokraten werfen dem Minister vor, Trump Gefälligkeitsdienste zu erweisen, zuletzt im Umgang mit dem Fall des in der Russland-Affäre verurteilten früheren Trump-Beraters Roger Stone.
Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag bis zu neun Jahre Haft für Stone wegen Falschaussage und Zeugenbeeinflussung gefordert. Als Trump dies auf Twitter kritisierte, intervenierte das Justizministerium und sprach sich für eine mildere Haftstrafe aus. Vier Staatsanwälte zogen sich aus Protest gegen die Intervention von dem Fall zurück. Ein neu eingesetzter Staatsanwalt schlug schliesslich eine Strafe von nur rund drei bis vier Jahren Gefängnis vor.
Stone war im November von einer Jury für schuldig befunden worden, Untersuchungen des US-Kongresses zu den mutmasslichen verdeckten russischen Einmischungen zugunsten Trumps in den Wahlkampf 2016 behindert zu haben. Das Strafmass soll am kommenden Donnerstag verkündet werden.
Barr wird vorgeworfen, unter dem Druck Trumps auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Einfluss genommen zu haben. Dies wies der Minister im Sender ABC News zurück: Der Präsident habe ihn «nie gebeten, in einem Strafverfahren etwas zu unternehmen».
Er sei im Fall Stone «überrascht» gewesen von der ursprünglichen Forderung der Staatsanwälte, sagte Barr. Er habe die Absicht gehabt, die Haltung des Justizministeriums dazu am nächsten Tag zu «erläutern», da sei Trumps Tweet dazwischengekommen. Er habe dann vor der Entscheidung gestanden, bei dem zu bleiben, was er für richtig hielt, oder wegen des Tweets einen Rückzieher zu machen. «Das zeigt einfach, wie störend diese Tweets sein können.»
Der Präsident reagierte am Freitag auf Barrs Äusserungen - mit einem Tweet. Darin schrieb Trump, als Präsident habe er grundsätzlich das «Recht», vom Justizministerium ein Eingreifen in ein Strafverfahren zu verlangen. Er habe dies bislang aber nicht getan. Trumps Sprecherin Stephanie Grisham hatte bereits am Donnerstagabend erklärt, Barrs Äusserungen hätten den Präsidenten «überhaupt nicht gestört».
Zuspruch erhielt der Justizminister vom republikanischen Senats-Mehrheitsführer und engen Trump-Verbündeten Mitch McConnell. «Wenn der Justizminister sagt, dass es seine Arbeit behindert, sollte der Präsident vielleicht auf den Justizminister hören», sagte McConnell auf Fox News.
Anders als seine Vorgänger verbreitet Trump seine Meinungen und Entscheidungen häufig lieber im Internet statt auf Pressekonferenzen.