USA starten Vergeltungsangriffe im Nahen Osten
Die USA haben mit Luftangriffen auf Ziele im Nahen Osten begonnen. Es sind Vergeltungsschläge für die tödliche Attacke in Jordanien.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA fliegen Luftangriffe gegen Ziele im Irak und in Syrien.
- Es ist die Vergeltung für die Tötung von drei US-Soldaten in Jordanien.
- Das Ziel der Aktion sind vom Iran unterstützte Milizen.
Joe Biden hatte nach dem Tod dreier US-Soldaten nach Drohnenangriffen auf einen Militärposten in Jordanien Vergeltung angekündigt. Diese soll nun gestartet haben.
Die US-Luftwaffe beschoss in der Nacht zum Samstag nach eigenen Angaben mehr als 85 Ziele, darunter Kommandozentralen, Geheimdienststandorte und Waffenlager, die von iranischen Revolutionsgarden (IRGC) und mit ihnen verbundenen Milizen genutzt würden, wie das US-Regionalkommando Centcom in Washington mitteilte.
Der Irak übte umgehend scharfe Kritik. Die Angriffe verletzten die Souveränität des Iraks, mit unvorhersehbaren Konsequenzen für die ganze Region, sagte der Sprecher des Oberbefehlshabers der irakischen Streitkräfte in einer im Fernsehen verbreiteten Erklärung.
Joe Biden kündigt weitere Angriffe an
Biden erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme mit Blick auf den Gegenschlag in den beiden Ländern: «Unsere Reaktion hat heute begonnen. Sie wird fortgesetzt zu Zeiten und an Orten unserer Wahl.»
Die Vereinigten Staaten strebten keinen Konflikt im Nahen Osten oder irgendwo sonst auf der Welt an, betonte er. «Aber all jene, die uns Schaden zufügen wollen, sollen Folgendes wissen: Wenn Sie einem Amerikaner Schaden zufügen, werden wir darauf reagieren.»
Luftschläge dauerten rund 30 Minuten
Bei dem Vergeltungsschlag der Amerikaner nahm das Militär nach Angaben der US-Regierung sieben grössere Stellungen ins Visier – drei davon im Irak, vier in Syrien – wo die insgesamt mehr als 85 Einzelziele getroffen wurden. Die Luftschläge hätten etwa 30 Minuten gedauert, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.
An dem Einsatz seien zahlreiche Flugzeuge beteiligt gewesen – darunter auch strategische Bomber des Typs B-1, die aus den USA entsandt worden seien. Die Ziele seien sorgfältig ausgewählt worden, um zivile Opfer zu vermeiden.
Laut Syrien: 18 Mitglieder proiranischer Milizen getötet
Ob bei den Luftschlägen Milizionäre ums Leben gekommen seien, sei noch nicht bekannt, sagte Kirby. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, mindestens 18 Mitglieder proiranischer Milizen seien in Syrien getötet worden.
Kirby versicherte, es gebe «eindeutige, unwiderlegbare Beweise», das die getroffenen Ziele mit Attacken auf US-Kräfte in Verbindung gestanden hätten. Es sei bei der Aktion darum gegangen, die Fähigkeiten der iranischen Revolutionsgarden und ihrer Verbündeten in der Region zu schmälern, weitere Attacken auf US-Kräfte zu verüben. Das US-Militär sei zuversichtlich, dass die Angriffe in diesem Sinne erfolgreich gewesen seien.
Am Sonntag waren bei einem Drohnenangriff proiranischer Milizen in Jordanien in der Nähe der syrischen Grenze drei US-Soldaten getötet worden. Zahlreiche weitere Soldaten wurden verletzt. Biden machte «radikale, vom Iran unterstützte militante Gruppen» für den Angriff verantwortlich und drohte mit Vergeltung.
Am Mittwoch schrieb die US-Regierung die Attacke offiziell einer Gruppe mit dem Namen «Islamischer Widerstand im Irak» zu, die den Angriff zuvor bereits für sich reklamiert hatte.
Es handelt sich um eine Art Dachgruppe für proiranische Milizen im Irak, die seit den Terrorakten der islamistischen Hamas vom 7. Oktober in Israel gemeinsam unter diesem allgemeinen Namen auftreten. Dazu gehört die vom Iran unterstützte Kataib Hisbollah. Sie zählt zu den stärksten Milizen im Irak und fordert den Abzug der US-Truppen aus dem Land. Der Nordosten Jordaniens, wo sich die Attacke auf US-Soldaten ereignete, grenzt sowohl an Syrien als auch an den Irak.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs zwischen Israel und der Hamas im Oktober haben proiranische Milizen fast täglich Angriffe auf US-Militärstützpunkte im Irak und in Syrien verübt. Die US-Regierung reagierte darauf mit Luftschlägen in beiden Ländern.
Drahtseilakt für Joe Biden
Ausserdem greifen die jemenitischen Huthi – aus Solidarität mit der Hamas – immer wieder Frachter im Roten Meer an. Als Reaktion darauf hatten die USA und Grossbritannien mit der Unterstützung Verbündeter Militärschläge gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen ausgeführt. Die US-Luftschläge haben die Milizen bisher nicht vor weiteren Angriffen abgeschreckt, die Sorge vor einer Eskalation wächst.
Für US-Präsident Biden ist das Vorgehen gegen die Milizen ein Drahtseilakt. Er will einerseits vermeiden, dass sein Land in einen regionalen Krieg im Nahen Osten hereingezogen wird. Andererseits will er Stärke zeigen und ein Ende der Angriffe erreichen. Gleichzeitig ist er in den USA unter Druck – einige Republikaner fordern aggressivere Gegenmassnahmen auf die Angriffe gegen das US-Militär.