Venezuela: Maduro beansprucht Sieg für seine Sozialisten
Regierung, Polizei, Militär und Justiz hat Maduro bereits im Griff, nun bringt er auch das Parlament unter Kontrolle. Fehlt dem selbst ernannten Interimspräsidenten Guaidó dort die Mehrheit, bröckelt seine Legitimität.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der umstrittenen Parlamentswahl in Venezuela hat Präsident Nicolás Maduro den Sieg für die Sozialisten beansprucht.
«Wir können gewinnen und verlieren - und heute haben wir gewonnen», sagte er am Montag im Fernsehsender VTV.
«Es beginnt eine neue Periode, eine Periode der Arbeit, des Wiederaufbaus des Landes, der Wirtschaft, in Souveränität, Unabhängigkeit und Frieden», so Maduro weiter.
Nach Angaben des Wahlamts kam nach Auszählung von rund 82 Prozent der Stimmen die Allianz von Maduros Regierungspartei PSUV bei der Wahl am Sonntag auf 67,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei rund 31 Prozent. «Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Das ist ein grosser Sieg für die Revolution», sagte der Vizepräsident der PSUV, Diosdado Cabello.
Die Opposition wies das Wahlergebnis zurück. «Die Ablehnung des Regimes und des Wahlbetrugs eint uns, jetzt müssen wir auf der Strasse antworten», schrieb der Parlamentspräsident und selbst ernannte Übergangsstaatschef Juan Guaidó auf Twitter. Für den 12. Dezember rief er zu Protesten gegen die Regierung auf.
Grosse Teile der Opposition hatten die Abstimmung boykottiert und dies mit erwartetem Betrug begründet. Die Regierungsgegner begannen am Montag eine virtuelle Volksbefragung, in der die Bürger gefragt wurden, ob sie das Wahlergebnis anerkennen oder ob sie freie und faire Wahlen fordern.
Die Europäische Union erkannte das Ergebnis nicht an. «Der Mangel an Respekt für politischen Pluralismus sowie der Ausschluss und die Verfolgung von Oppositionsführern erlauben es der EU nicht, diese Wahl als glaubwürdig, inklusiv und transparent und ihr Ergebnis als repräsentativ für den Willen des venezolanischen Volkes anzuerkennen», hiess es am Montag in einer Stellungnahme.
De Lima-Gruppe aus mehreren lateinamerikanischen Ländern und Kanada erklärten die Parlamentswahl in Venezuela für undemokratisch. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte bereits im Vorfeld festgestellt, die Voraussetzungen für eine freie und faire Wahl seien nicht gegeben.
Maduro hatte die internationale Gemeinschaft vorab aufgefordert, das Wahlergebnis zu akzeptieren. «Wir respektieren das Selbstbestimmungsrecht der Völker», schrieb er auf Twitter. «Wir fordern Respekt vor der Souveränität des venezolanischen Volkes.»
Venezuela steckt in einer tiefen Krise. Guaidó hatte sich Anfang 2019 selbst zum Interimspräsidenten erklärt und war von zahlreichen Ländern - darunter Deutschland und die USA - als legitimer Staatschef anerkannt worden. Allerdings gelang es ihm bislang nicht, sich gegen Maduro durchzusetzen. Der autoritär regierende Staatschef wird in dem Machtkampf vom mächtigen Militär gestützt. Ein Versuch einer Söldnertruppe zu einem bewaffneten Umsturz scheiterte. Die Vereinten Nationen werfen den Sicherheitskräften schwere Menschenrechtsverletzungen vor.
Ein Sieg der Sozialisten würde für die Opposition den Verlust der letzten von ihr kontrollierten staatlichen Institution in dem südamerikanischen Land bedeuten. Ohne Mehrheit in der Nationalversammlung dürfte auch die Legitimität Guaidós infrage gestellt werden.
Unterdessen steuert das einst reiche Land immer tiefer in eine humanitäre Krise hinein. Aus Mangel an Devisen und wegen zahlreicher Sanktionen kann es kaum noch Lebensmittel, Medikamente und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Selbst Benzin ist in dem Land mit den grössten Ölreserven der Welt mittlerweile Mangelware. Im Sommer hatten die USA mehrere Tankerladungen Treibstoff aus dem Iran für Venezuela beschlagnahmt und Sanktionen gegen Reedereien verhängt, die nach Venezuela lieferten. Laut einer Studie der katholischen Universität Andrés Bello leben 96 Prozent der Haushalte in Armut. Millionen Venezolaner haben ihre Heimat verlassen.