Das Bergsteigen wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Aber einfach war es für eine junge Nepalesin trotzdem nicht, den welthöchsten Achttausender zu besteigen.
Nima Lhamu Sherpa (M) steht mit ihren Brüdern auf dem Gipfel des Mount Everest. Foto: Grace Best/Nima Lhamu Sherpa/dpa
Nima Lhamu Sherpa (M) steht mit ihren Brüdern auf dem Gipfel des Mount Everest. Foto: Grace Best/Nima Lhamu Sherpa/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Nepalesin Nima Lhamu Sherpa wusste schon als kleines Mädchen, dass sie ganz nach oben wollte zum Dach der Welt.
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Um sie herum in ihrem Heimatdorf in der Region Rolwaling auf rund 4000 Metern im Himalaya tun das viele Männer und auch einige Frauen.

Sie steigen immer wieder bis zum höchsten Punkt der Erde hoch, dem Mount Everest. Viele leben dort davon, Bergsteigerinnen und Bergsteiger aus dem Ausland nach oben zu führen, ihr Gepäck hochzutragen oder während deren grosser Abenteuerreise auf dem Berg für sie zu kochen.

Auch fünf von Nima Lhamu Sherpas älteren Brüdern sind Bergführer. Sie erzählten ihr immer wieder von ihren Abenteuern, wie sie im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur sagt. «Ich glaube, so habe ich mich in den Berg verliebt.» Die Sehnsucht blieb - obwohl sie schon einen sechsten Bruder, der ebenfalls Bergführer war, auf dem Siebentausender Mount Pumori verlor.

Beweisfotos und eine Bestätigung der nepalesischen Behörden

In diesem Mai war es dann soweit. Die 21-Jährige stand ebenfalls auf dem Mount Everest - und verhalf damit ihrer Familie zu einem weltweiten Rekord, wie ein Mitarbeiter des nepalesischen Tourismusministeriums sagt. So standen demnach insgesamt acht Geschwister ihrer Familie oben, neben ihr und ihren sechs Bergführer-Brudern noch eine Schwester.

Bislang hat das Guinness-Buch der Rekorde zwar zwei andere Familien aus dem Himalaya mit jeweils sieben erfolgreichen Everest-Bergsteiger-Kindern als Rekordhalter anerkannt. Aber Nima Lhamu Sherpa und ihre Geschwister wollen bald nach London fliegen, um beim Hauptsitz der Institution hinter dem Guinness-Buch ihren Rekord persönlich zu melden sowie Beweisfotos und eine Bestätigung der nepalesischen Behörden zu überreichen.

Der Nachname ihrer Familie ist Sherpa - ein Name, der heute ein Synonym für Bergführer aus dem Himalaya ist. Sherpa heissen dort viele Familien, der Name bezeichnet auch eine ursprünglich aus Tibet stammende Volksgruppe. Mitglieder von Sherpa-Familien haben schon etliche Weltrekorde erreicht - etwa waren sie am schnellsten und am häufigsten auf dem Mount Everest, wie Einträge im Guinness-Buch zeigen. Und im vergangenen Jahr schaffte es ein Sherpa-Team erstmals in der besondern kalten Wintersaison auf den K2 an der Grenze zwischen China und Pakistan, den zweithöchsten Berg der Welt.

Als Übung auf einen Sechstausender

Der Aufstieg auf den Everest war für Nima Lhamu Sherpa schwer - auch wenn sie von ihrer Kindheit im Himalaya-Dorf an dünnere Luft besser gewöhnt war, als viele ausländische Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die sich vor ihrem Treck oft wochenlang an die Bedingungen gewöhnen müssen.

Teils litt sie an Höhenkrankheit, sie habe Sauerstoff aus Flaschen gebraucht. «Früher haben mir die glücklichen Gesichter meiner Brüder immer das Gefühl gegeben, dass das Bergsteigen nur Spass macht», sagt die Studentin und Journalistin. «Aber mein eigener Aufstieg hat mir gezeigt, dass es eine sehr gefährliche Aufgabe ist, die viel harte Arbeit, Mut und Entschlossenheit erfordert.»

Ihre Brüder hatten sie zuvor als Übung auf den Sechstausender Mount Lobuche geführt und gaben ihr die passende Ausrüstung. Schliesslich nahmen sie sie mit auf einen von ihnen geführten Treck einer ausländischen Gruppe mit.

Der Preis ist die Gefahr auf den Bergen

Auch aus einem anderen Grund war dies ein besonderer Aufstieg. Teil der ausländischen Gruppe war die Lehrerin Tsang Yin-hung aus Hongkong, die für den Weg vom Basislager des Mount Everests bis zur 8848,86 Meter hohen Spitze 25 Stunden und 50 Minuten brauchte. Damit wäre sie schneller als je eine Frau zuvor gewesen, wie Nima Lhamus Bruder Phurba Tenjing Sherpa, Chef der Expeditionsfirma, sagte. Nepals Tourismusministerium muss dies noch offiziell bestätigen.

Der Bruder sagt auch, dass ihre Eltern sie zu starken Menschen gemacht hätten, die auf eigenen Füssen stehen. Sie seien Bauern gewesen und mit den vielen Kindern hätten sie es nicht immer leicht gehabt. Auf der Höhe, auf der sie leben, habe man hauptsächlich Kartoffeln und Rettich anbauen können.

Sechs Söhne seien dann Bergführer geworden. Damit verdienen sie in einer Saison mit rund 3000 Euro im Schnitt mehr als ein Durchschnittsnepalese im Jahr. Der Preis dafür ist viel Gefahr auf den Bergen. So hatte Phurba Tenjing Sherpa beim Aufstieg mit seiner jüngsten Schwester viel Angst um sie, wie er sagt.

Nun gibt es in der Familie noch drei Geschwister, die noch nie auf dem Everest waren. Die hätten bislang kein Interesse an einem Aufstieg gezeigt, sagt Phurba Tenjing Sherpa. Aber das könne ja noch werden.

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