Als die internationale Luftfahrt fast am Sandwich scheiterte

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Deutschland,

Vor 60 Jahren, als die Flugzeuge grösser und der gemeine Bürger reicher wurde, wurde die Economy Class eingeführt. Sie hätte die internationale Luftfahrt allerdings beinahe Kopf und Kragen gekostet. Warum? Wegen einem Sandwich.

Weil europäische Fluglinien wie die KLM mehr Kulinarik versprachen, als amerikanische, brach ein transatlantischer Flugstreit aus.
Weil europäische Fluglinien wie die KLM mehr Kulinarik versprachen, als amerikanische, brach ein transatlantischer Flugstreit aus. - KLM

Das Wichtigste in Kürze

  • Als vor 60 Jahren die Economy Class eingeführt wurde, stritt man sich über die Snacks, die serviert werden durften.
  • Der Streit darum, was ein Sandwich ist, hätte beinahe den internationalen Flugverkehr lahmgelegt.

Was man heute bei Ryanair oder Easyjet für ein Fünfzigernötli kriegt, war einst Sache der Schönen und Reichen: Fliegen.

Was die Flugzeuge der Dreissigerjahre boten, lässt die First Class Kunden von heute leer schlucken: Betten, Duschen, Schränkchen und Kulinarik, dank der man locker noch eine Wolke höher schwebte.

Dann kam der zweite Weltkrieg und mit ihm einiges an Innovation in der Aviatik. Erstmal brachte diese Überlegenheit gegenüber dem Feind. Nach Kriegsende hingegen halfen die neuen Entwicklungen, grössere Flugzeuge flugtauglich und das Fliegen einer breiten Masse zugänglich zu machen.

Die Tourist Class kommt

1952 liess sich die Internationale Luftverkehrs-Vereinigung Iata, damals unangefochten oberste Instanz der Luftfahrt, zur Einführung einer zweiten Klasse bewegen. Die Tickets der Tourist Class waren rund 30 Prozent tiefer als jene der First Class.

Die Economy Class in einer Boeing 707 im Jahre 1960.
Die Economy Class in einer Boeing 707 im Jahre 1960. - Lufthansa

Die Holzklasse fand reissenden Absatz, plötzlich flogen auch Liesschen Müller und Otto Normalverbraucher um die Welt. Bloss ganz gleich waren die Verhältnisse noch immer nicht: Man hatte sich nämlich geeinigt, der schlecht zahlenden Kundschaft nur «Mahlzeiten bestehend aus einem Sandwich» zu servieren. Wein kostete extra.

Was ist ein Sandwich?

Nun verstanden die amerikanischen Airlines unter einem Sandwich zwei Stück Brot und etwas Käse dazwischen. Die Europäer hingegen servierten – auch Brot. Dazu aber, wie bei der SAS, fünf Scheiben Ochsenzunge auf einem Salatblatt sowie Spargel.

So interpretierte KLM das «Sandwich».
So interpretierte KLM das «Sandwich». - KLM

Die Amerikaner waren wutenbrannt über den unfairen Wettkampf, die Europäer hingegen weigerten sich «in Zellophan verpacktes, gummiges Unverdaubares» zu servieren. Jeder «habe das Recht auf eine eigene Interpretation des Sandwiches. Wir haben unsere», erklärte die Swissair.

Das verstand die Lufthansa unter einem «Sandwich».
Das verstand die Lufthansa unter einem «Sandwich». - Lufthansa

Beinahe wäre es zu einem Flugverbot für europäische Maschinen über amerikanischem Hoheitsgebiet gekommen. Doch die Iata gab den Amerikanern recht, zwang die europäischen Gourmets in die Knie – und die Moral von der Geschicht? Nun, die kennt jeder Passagier der Economy Class. Sie kommt oft in aufgewärmten Alu-Schachteln und hat mit Gourmet wenig zu tun. Den Amerikanern sei Dank.

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