Amnesty International gibt EU Mitschuld an Misshandlungen in Libyen
Amnesty International macht die EU mitverantwortlich für die Misshandlung der Flüchtlinge in Libyen. Geflüchtete werden dort ohne Konsequenzen gefoltert.
Das Wichtigste in Kürze
- Amnesty macht die EU für Menschenrechtsverletzungen in Libyen mitverantwortlich.
- Behörden bringen Flüchtlinge vom Mittelmeer teilweise nach Nordafrika zurück.
- Die eine Hälfte kommt da in offizielle Lager, die andere Hälfte gilt als verschollen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Europäische Union für schwere Menschenrechtsverletzungen in Libyen mitverantwortlich gemacht. In dem nordafrikanischen Land würden Geflüchtete weiterhin unrechtmässig und ohne Konsequenzen getötet, gefoltert, vergewaltigt, willkürlich inhaftiert und ausgebeutet. Das heisst es in einem Bericht, den die Organisation in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichte.
Libyen ist nach Amnesty International kein sicherer Ort
«Es ist offensichtlich, dass Libyen kein sicherer Ort ist», sagte Franziska Vilmar von Amnesty International in Deutschland. «Wer zulässt, dass Menschen gegen ihren Willen nach Libyen verbracht werden, macht sich schwerer Menschenrechtsverletzungen mitschuldig.»
Amnesty forderte die EU auf, jede Kooperation mit Libyen von der Einhaltung von Menschenrechten abhängig zu machen. «Die Europäische Union ist aktuell mitverantwortlich für die Krise des internationalen Flüchtlingsschutzes», kritisierte die Organisation. Die EU-Mitgliedsstaaten verletzten täglich geltendes Völkerrecht.
Flüchtlinge werden auf See abgefangen
In Libyen herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkrieg. Der nordafrikanische Staat entwickelte sich seitdem zu einem der wichtigsten Transitländer für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer-Weg nach Europa.
Seit dem Jahr 2016 arbeiten die Mitgliedsstaaten der EU unter der Führung von Italien mit den libyschen Behörden zusammen. Sie fangen Menschen, die mit Booten fliehen, auf See ab und bringen sie zurück nach Libyen.
Über 5000 Menschen nach Ägypten abgeschoben
Amnesty International zufolge wird die eine Hälfte der Menschen, die die libysche Küstenwache abfängt, in offizielle Haftlager gebracht. Die andere Hälfte gelte als verschollen. Sie komme in von Milizen betriebene inoffizielle Lager, zu denen keine internationale Organisation Zugang habe.
«Von diesen verschleppten Menschen verliert sich jede Spur», erklärte Amnesty. In Ost-Libyens seien zudem allein in diesem Jahr mehr als 5000 Menschen unter Verletzung des Völkerrechts nach Ägypten abgeschoben worden. Diese stammten aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern.
Geflüchtete sollen aus Haft entlassen werden
«Trotz regelmässiger Versprechungen der libyschen Behörden, gegen solche Verbrechen vorzugehen, bleiben die meisten ungeklärt und unbestraft». Das sagte AI-Generalsekretär Markus Beeko. Die libysche Regierung müsse die Situation für geflüchtete Menschen im Land nachhaltig verbessern. Sie müsse sie unverzüglich aus der Haft entlassen und Menschenrechtsverletzer zur Rechenschaft ziehen.
Für den Bericht «Zwischen Leben und Tod» sind nach Angaben der Organisation 43 Menschen befragt worden. Darunter Migranten und Flüchtlinge, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Journalisten. Auch seien offizielle Dokumente und Erklärungen sowie Audio- und Videodokumentationen von Flüchtlingen und Migranten ausgewertet worden.