Der Leiter der örtlichen Gesundheitsdienste befürchtet die «schlimmste Katastrophe unseres Krieges» im Fall einer grossangelegten Offensive auf Idlib.
Rauch steigt nach einem Luftangriff der syrischen Regierung in Hobeit, in der Nähe von Idlib, auf.
Rauch steigt nach einem Luftangriff der syrischen Regierung in Hobeit, in der Nähe von Idlib, auf. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein syrischer Arzt warnt vor der schlimmsten Katastrophe bei einer Offensive auf Idlib.
  • Es herrsche Angst, da gezielte Attacken auf Gesundheitseinrichtungen drohen.
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Im Fall einer grossangelegten Offensive auf die letzte syrische Rebellenhochburg Idlib befürchtet der Leiter der örtlichen Gesundheitsdienste eine Katastrophe. «Ich fürchte, wir stehen davor, die schlimmste Katastrophe unseres Krieges zu erleben», sagte der Arzt Munser al-Chalil der Nachrichtenagentur AFP. Unter den Einwohnern und Ärzten sei «die Angst riesig», da bei einer Offensive gezielte Attacken auf Gesundheitseinrichtungen drohten.

«Wenn sie entscheiden, ein Gebiet zurückzuerobern, greifen sie zuerst die Krankenhäuser an», sagte der Chirurg, der nach Genf gekommen ist, um die Vereinten Nationen zum Handeln zu drängen, um eine «Katastrophe» in Idlib zu verhindern. Schon jetzt gebe es mehr Angriffe auf Kliniken. Al-Chalil befürchtet, dass die Regierungstruppen auch Chemiewaffen einsetzen und belebte Orte wie Märkte und Schulen attackieren.

Idlib wird seit 2015 von einer Mischung aus islamistischen Rebellen und Dschihadisten kontrolliert. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad zeigt sich entschlossen, mit Unterstützung seiner russischen und iranischen Verbündeten die ländlich geprägte Provinz an der Grenze zur Türkei zurückzuerobern. Die Türkei will eine Offensive verhindern, da sonst eine Fluchtwelle droht, ruft jedoch bisher vergeblich nach einer Waffenruhe.

800'000 Flüchtlinge erwartet

Al-Chalil warnt, dass im Fall einer Fluchtwelle viele Flüchtlinge an der geschlossenen Grenze zur Türkei festsitzen werden. «Ich habe Angst, dass die Leute beim Versuch sterben, die Grenze zu überqueren», sagte er. Die UNO erwartet, dass eine Offensive rund 800'000 Menschen in die Flucht treiben wird. Die Türkei hat begonnen, Flüchtlingslager auf der syrischen Seite der Grenze auszubauen, ist aber entschlossen, ihre Grenze dicht zu halten.

Schon jetzt seien die Krankenhäuser wegen eines Mangels an qualifizierten Ärzten, Geräten und Medikamenten kaum in der Lage, ihren Aufgaben nachzukommen, mahnt al-Chalil. Auch wirke sich die drohende Offensive negativ auf die mentale Gesundheit der Einwohner aus. So habe er in den vergangenen Monaten einen Anstieg der Suizide in Idlib registriert, wobei vor allem junge Frauen sich aus Verzweiflung das Leben nehmen, berichtete al-Chalil.

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