Aung San Suu Kyi jetzt wegen Wahlbetrugs angeklagt
Die Justiz hat im vom Militär kontrollierten Myanmar eine neue Anklage gegen die entmachtete Regierungschefin Aung San Suu Kyi erhoben. Gleichzeitig gibt es neue Sakntionen aus dem Westen.
Das Wichtigste in Kürze
- Einen Tag vor dem Jahrestag des Militärputsches in Myanmar hat die Justiz die entmachtete und unter Hausarrest stehende Regierungschefin Aung San Suu Kyi formell des Wahlbetrugs angeklagt.
Der ebenfalls im Zuges des Putsches entmachtete frühere Präsident Win Myint müsse sich wegen des gleichen Vorwurfs verantworten, berichteten mit dem Gerichtsverfahren vertraute Personen am Montag. Die Urteile würden in etwa einem halben Jahr erwartet, hiess es. Gegen beide Politiker laufen bereits zahlreiche Verfahren.
Die Friedensnobelpreisträgerin hatte bereits in der Vergangenheit insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Seit 2016 war sie faktische Regierungschefin. Sie ist beim Volk sehr beliebt. Bei der Parlamentswahl im November 2020 sicherte sie sich mit klarem Vorsprung eine zweite Amtszeit. Beobachter glauben, dass sie den Generälen, die das frühere Birma Jahrzehnte lang mit eiserner Faust regiert hatten, zu gefährlich geworden war und diese deshalb am 1. Februar 2021 putschten. Die Junta begründete den Umsturz hingegen von Anfang an mit angeblichem Wahlbetrug - Beweise dafür wurden aber nicht vorgelegt.
Reihe von Prozessen
Insgesamt sieht sich die 76-Jährige noch mit elf weiteren Anklagepunkten konfrontiert. Bei zehn davon geht es um Verstösse gegen ein Anti-Korruptionsgesetz. Den Angaben zufolge drohen ihr deswegen bis zu 160 Jahre Haft.
Vor drei Wochen wurde Suu Kyi wegen des Imports eines Funkgerätes und eines Verstosses gegen Corona-Bestimmungen bereits zu vier Jahren Haft verurteilt. Im Dezember war sie in zwei anderen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zunächst ebenfalls zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Wenige Stunden später gab die Militärjunta aber bekannt, das Strafmass auf zwei Jahre zu verkürzen.
Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es ist unklar, ob Suu Kyi tatsächlich eine Haftstrafe antreten muss oder im Hausarrest bleiben wird. Beobachter und Menschenrechtsexperten sprechen von einem Schauprozess gegen sie.
USA und Grossbritannien erneuern Sanktionen
Die USA verhängt derweil neue Sanktionen gegen Angehörige der Justiz und Unterstützer der Militärführung in Myanmar. Betroffen seien sieben Personen und zwei Einrichtungen, teilte das Finanzministerium am Montag in Washington mit. Darunter seien zwei hochrangige Mitglieder des Justizsystems, die die Strafverfolgung gegen die entmachtete Regierungschefin Aung San Suu Kyi und andere vorangetrieben hätten. Mögliches Vermögen der Betroffenen in den USA wird eingefroren, Geschäfte mit ihnen sind für US-Bürger verboten.
Auch die britische Regierung, die sich nach eigenen Angaben mit den USA und Kanada abgestimmt hat, kündigte zum Jahrestag neue Sanktionen gegen drei Angehörige der Militärführung an. Dazu gehören neben dem Einfrieren von möglichen Vermögen auch Reisesperren.