Ausnahmezustand in Haiti wegen Bandengewalt verlängert
Die Regierung Haitis hat den Ausnahmezustand aufgrund heftiger Bandengewalt in der Hauptstadtregion auf einen Monat ausgedehnt.
Angesichts heftiger Bandengewalt in Haiti hat die Regierung den zunächst dreitägigen Ausnahmezustand in der Hauptstadtregion auf einen Monat verlängert. Die nächtliche Ausgangssperre dort werde zudem bis Montag verlängert, teilte der Finanzminister Michel Boisvert in seiner neuen Rolle als amtierender Premierminister am Donnerstag (Ortszeit) mit.
Er vertrat Interims-Premierminister Ariel Henry, dessen Rücktritt die Banden fordern und der offenbar wegen der Sicherheitslage bislang nicht von einer Auslandsreise zurückgekehrt ist. Am Hafen von Port-au-Prince kam es am Donnerstag nach Medienberichten zu Plünderungen.
Bereits seit Tagen legte Gewalt die Hauptstadt lahm, Polizeiwachen wurden angegriffen, auch am Flughafen fielen Schüsse – alle Flüge fielen aus. Das Gesundheitssystem stand nach Angaben vom Mittwoch des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, am Rande des Zusammenbruchs. Bei Angriffen auf zwei Gefängnisse am Samstag waren ihm zufolge mehr als 4500 Häftlinge ausgebrochen.
Bürgerkriegsdrohung durch «Barbecue»
Bereits zuvor war die humanitäre Lage in Haiti äusserst angespannt. Laut UN litt fast die Hälfte der elf Millionen Bewohner des Karibikstaats unter akutem Hunger, verschiedene brutal agierende Banden kontrollierten insgesamt rund 80 Prozent von Port-au-Prince. Vergangene Woche schlossen sich die zwei wichtigsten bewaffneten Gruppen zusammen. Ihr Anführer, Jimmy Chérizier alias «Barbecue», drohte mit einem Bürgerkrieg, wenn Henry nicht zurücktrete.
Dieser hatte sich bereiterklärt, bis Ende August 2025 Wahlen abzuhalten. Es wären die ersten in Haiti, seit Henry kurz nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 die Regierungsgeschäfte übernahm. Das Land hat weder einen Präsidenten noch ein Parlament.
Die US-Regierung forderte Henry auf, den Prozess hin zu Wahlen zu beschleunigen. UN-Generalsekretär António Guterres rief dazu auf, eine bereits vom UN-Sicherheitsrat genehmigte multinationale Sicherheitsmission in Haiti zu finanzieren.