Bandengewalt stürzt Haiti ins Chaos – USA fliegen Personal aus

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Die anhaltende schwere Bandengewalt in Haiti verschärft die humanitäre Krise und erhöht den Druck auf den gestrandeten Regierungschef Ariel Henry.

Haiti leidet seit Jahren unter Kämpfen zwischen Banden.
Haiti leidet seit Jahren unter Kämpfen zwischen Banden. (Archivbild) - Odelyn Joseph/AP

Anhaltende schwere Bandengewalt hat in Haiti den Druck auf den im Ausland gestrandeten Regierungschef Ariel Henry erhöht und die humanitäre Krise weiter verschärft. Das US-Militär flog am Wochenende nicht essenzielle Mitarbeiter der US-Botschaft aus und verstärkte dort die Sicherheitsvorkehrungen. Das teilte das Regionalkommando Southcom am Sonntag mit.

Die Gewalt der mächtigen Banden, die die Interimsregierung von Premierminister Henry stürzen wollen, legt grosse Teile Haitis seit rund zehn Tagen lahm. Alle Flüge fielen seit Tagen aus. Am Freitagabend (Ortszeit) wurde nach Medienberichten um den Präsidentenpalast heftig geschossen.

Der Präsident der Dominikanischen Republik, Luis Abinader, erklärte Henry am Samstag zur unerwünschten Person. Aus Sicherheitsgründen sei dieser nicht willkommen, teilte Abinaders Büro mit. Die Krise in Haiti stelle auch eine direkte Bedrohung der Stabilität und Sicherheit der Dominikanischen Republik dar.

Dominikanische Republik fühlt sich bedroht

Das bei Urlaubern beliebte Land teilt sich die Karibikinsel Hispaniola mit Haiti, dem ärmsten Land des amerikanischen Kontinents. Ende Februar war in Haiti, wo Banden laut UN bereits etwa 80 Prozent der Hauptstadt Port-au-Prince kontrollierten, die Gewalt eskaliert.

Henry war zu der Zeit auf einer Auslandsreise, unter anderem in Kenia – dem Land, das eine vom UN-Sicherheitsrat genehmigte Sicherheitsmission in Haiti anführen soll. Seither kehrte er offenbar wegen der Sicherheitslage nicht nach Haiti zurück. Am Dienstag reiste Henry nach Puerto Rico, nachdem ihm die Dominikanische Republik keine Landeerlaubnis erteilt hatte.

Beide internationale Flughäfen in Haiti sind wegen der Gewalt geschlossen. Die zwei wichtigsten bewaffneten Gruppen des Landes hatten sich zusammengeschlossen. Ihr Anführer, der Ex-Polizist Jimmy Chérizier alias «Barbecue», forderte Henry zum Rücktritt auf – andernfalls werde es zu einem Bürgerkrieg kommen.

Banden drohen mit Bürgerkrieg

Die Banden befreiten mehr als 4500 Häftlinge aus zwei Gefängnissen und griffen unter anderem Einrichtungen der Polizei und Flughäfen an. Am Hafen von Port-au-Prince kam es zu Plünderungen.

Nach einem Bericht des Portals «AyiboPost» zeigte die notorisch unterbesetzte Polizei kaum noch Präsenz in den Strassen der Hauptstadt. Wie viele Menschen der Gewalt zum Opfer fielen, ist bislang unklar.

Die «Washington Post» berichtet von Leichen auf offener Strasse, die wegen der Sicherheitslage nicht bestattet werden konnten und stattdessen verbrannt wurden. Fast die Hälfte der rund elf Millionen Einwohner Haitis leidet laut UN unter akutem Hunger.

Humanitäre Krise verschärft sich

Das Gesundheitssystem stand nach Angaben vom Mittwoch des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, am Rande des Zusammenbruchs. Henry, ein 74-jähriger Neurochirurg, hatte die Regierungsgeschäfte übernommen, nachdem Präsident Jovenel Moïse am 7. Juli 2021 in seiner Residenz ermordet worden war.

Seitdem wurden keine Wahlen abgehalten, Haiti hat derzeit weder einen Präsidenten noch ein Parlament. Die frühere Besatzungsmacht USA – der viele Haitianer und Beobachter nachsagen, den unbeliebten Henry bislang an der Macht gehalten zu haben – forderte ihn in den vergangenen Tagen auf, den politischen Übergang zu beschleunigen.

UN-Generalsekretär António Guterres rief dazu auf, die multinationale Sicherheitsmission zu finanzieren. Laut UN sind mehr als 300'000 Menschen innerhalb Haitis wegen der Bandengewalt der letzten Jahre vertrieben worden.

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