China begrüsst das Jahr der Ratte im Krisenmodus
Trotz des Ausbruchs der neuen Lungenkrankheit feiern Chinesen am kommenden Wochenende ihr Neujahrsfest. Die Ratte löst nach dem traditionellen Tierkalender das Schwein ab. Doch an ein unbeschwertes Fest ist kaum zu denken.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Jahr der Ratte beginnt in China düster.
Das Coronavirus vermasselt den Chinesen ihr Neujahrsfest. Normalerweise sollten sich in dieser Woche in der grössten Reisewelle des Jahres Hunderte Millionen Menschen im ganzen Land unbeschwert auf den Weg zu ihrer Verwandtschaft machen.
Denn es ist Tradition, dass am Abend vor dem chinesischen Neujahrstag, an diesem Freitag also, die ganze Familie zu einem gemeinsamen Essen zusammenkommt. Es gibt Teigtaschen, und dazu wird im Fernsehen die grosse Neujahrsgala geschaut. Wo Feuerwerk noch nicht verboten ist, wird ab Mitternacht kräftig geknallt, um die bösen Geister zu vertreiben.
Doch die Angst vor einer Ansteckung mit der neuen Lungenkrankheit ist in diesem Jahr allgegenwärtig. Weil immer mehr Menschen mit Grippesymptomen auf das Coronavirus getestet werden, nimmt die Zahl der bestätigten Fälle unaufhörlich zu.
Die Millionenstadt Wuhan, wo das Virus ursprünglich ausgebrochen war, wurde praktisch unter Quarantäne gestellt. Menschen sollen die Stadt nicht mehr verlassen. Flüge, Zugverbindungen und Fernbusse sind gestoppt.
Bei vielen werden Erinnerungen an die grosse Sars-Epidemie wach, der vor 17 Jahren in China Hunderte Menschen zum Opfer fielen. Schweren Herzens werden im ganzen Land geplante Reisen kurzfristig abgesagt.
Dabei sollte die Ratte doch eigentlich so viel Gutes bringen. «Ein Jahr der Neuanfänge und grossen Chancen steht uns bevor, allerdings müssen wir uns vor Turbulenzen an den Finanzmärkten in Acht nehmen.» Das zumindest hat der traditionelle Mondkalender der Chinesen vorausgesagt.
Das Nagetier, das im Westen kaum mit positiven Eigenschaften verbunden wird, hat in China einen viel besseren Ruf. Menschen, die im Jahr der Ratte geboren wurden, gelten als intelligent, einfallsreich und vielseitig.
Zwölf Tierzeichen gibt es, die sich Jahr für Jahr am Neujahrsfest ablösen. Die Ratte folgt im chinesischen Tierkreis auf das Schwein und ist in diesem Jahr auch noch mit den Elementen des Metalls verbunden, eine Kombination, die es nur alle 60 Jahre gibt.
Chinesische Wahrsager schenken dem Ratten-Jahr besondere Aufmerksamkeit, weil mit ihm ein komplett neuer Zyklus im Mondkalender beginnt.
Astrologen in China betonen, dass der Beginn des nächsten Zwölf-Jahres-Zyklus, an dessen Anfang die Ratte steht, ein guter Zeitpunkt sei, um etwas Neues zu wagen. Wer etwas in seiner Karriere verändern wolle oder neues Glück in der Liebe suche, habe im Jahr der Ratte gute Aussichten.
Ungemach droht laut dem Hongkonger Feng-Shui-Meister Raymond Lo jedoch an den Finanzmärkten. Schliesslich endete das letzte Rattenjahr 2008 in einem Desaster für die Aktienmärkte. Während der globalen Finanzkrise gingen die Kurse auf Talfahrt. «Das Wachstumstempo wird sich deutlich verlangsamen», zeichnet der bekannte Experte für die «Lehre vom Wind und Wasser» für die kommenden Monate einen trüben Ausblick für die Weltwirtschaft. Sein Kollege Ma Mingchao spricht in seiner wirtschaftlichen Vorhersage für dieses Jahr gar von der «Dunkelheit vor dem Morgengrauen».
Doch wer gibt in diesen Tagen schon etwas auf solche Horoskope. Die ernste Lage nimmt die Lust, dem Gerede der sonst beliebten Astronomen noch Gehör zu schenken.