China will Militärausgaben stark steigern
Der Volkskongress will die Weichen für die nächsten fünf Jahre stellen: Starkes Militär, robustes Wirtschaftswachstum, weniger Abhängigkeit vom Rest der Welt - und mehr Kontrolle über Hongkong.
Das Wichtigste in Kürze
- China plant eine starke Erhöhung seiner Verteidigungsausgaben.
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA, Indien, Taiwan und im umstrittenen Südchinesischen Meer erwarten chinesische Experten laut Staatsmedien in diesem Jahr einen Zuwachs um rund sieben Prozent.
Der neue Militäretat wird am Freitag zum Auftakt der Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses in Peking vorgelegt. Die kräftige Steigerung wird unter anderem mit dem starken Wachstum der zweitgrössten Volkswirtschaft in diesem Jahr und «schwierigen militärischen Bedrohungen» Chinas begründet.
«Der erwartete Zuwachs von rund sieben Prozent spiegelt sowohl Pekings Ambitionen als auch seine Sorgen über das gegenwärtige internationale Umfeld wider», sagte Helena Lagarda vom China-Institut Merics in Berlin. «Ein starkes, modernes Militär ist aus Sicht der Kommunistische Partei eine Vorbedingung für China, bis 2049 eine globale Macht werden zu können.» Peking schicke auch ein «starkes Signal» an die USA und andere westliche Staaten, dass die militärische Modernisierung trotz der Schwierigkeiten durch die Corona-Pandemie weiter «eine hohe Priorität» für die Führung habe.
Auf der Sitzung des chinesischen Parlaments wird auch über den neuen Fünf-Jahres-Plan für 2021 bis 2025 beraten. Mit der Weichenstellung will sich China wirtschaftlich und technologisch unabhängiger vom Rest der Welt machen. Regierungschef Li Keqiang eröffnet die voraussichtlich einwöchige Tagung der rund 3000 Abgeordneten in der Grossen Halle des Volkes am Freitag mit seinem Arbeitsbericht.
Wegen der Pandemie hatte die Plenarsitzung im Vorjahr noch auf Mai verschoben werden müssen. Dass sie wie gewohnt wieder im März stattfindet, demonstriert die Normalisierung in China. Das bevölkerungsreichste Land hat das Virus mit Ausgangssperren und Massentest für Millionen sowie Kontaktverfolgung, Quarantäne und strikten Einreisebeschränkungen weitgehend in den Griff bekommen. Vor den Beratungen wurden mehr als 5000 Abgeordnete des Volkskongresses und der parallel tagenden Konsultativkonferenz - eines Beratergremiums verdienter Persönlichkeiten - mit dem Mittel von Sinopharm gegen Corona geimpft.
Ein «Höhepunkt» der Sitzung, so Staatsmedien, wird eine geplante Wahlreform für Hongkong, die dafür sorgen soll, dass die chinesische Sonderverwaltungsregion künftig «nur von Patrioten regiert» wird. Diesen Grundsatz hob auch der Vorsitzende der Konsultativkonferenz, Wang Yang, ausdrücklich in seiner Rede zum Auftakt der Sitzung des Gremiums am Donnerstag mit Staats- und Parteichef Xi Jinping hervor.
Die «Global Times», die vom Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegeben wird, skizzierte einen Plan, nach dem der Einfluss pro-demokratischer Kräfte weiter massiv beschnitten würde. Die Zeitung sprach von «Schlupflöchern» im Wahlsystem, die geschlossen werden sollen. Demnach könnte unter anderem ein von Peking kontrolliertes Gremium sämtliche Kandidaten, die sich in Hongkong zu einer Wahl stellen, zunächst auf ihre politische Gesinnung prüfen.
Mit Spannung wird erwartet, ob der Premier zum Auftakt auch ein Wachstumsziel für dieses Jahr vorlegen wird. Wegen der Unsicherheiten durch die Pandemie hatte Li Keqiang im Vorjahr darauf verzichtet. Ohnehin gibt es in China eine Debatte über den Sinn solcher Vorgaben. Als einzige grosse Volkswirtschaft hatte China 2020 trotz Corona-Krise ein Wachstum erzielt: 2,3 Prozent. Wegen der Erholung und des laufenden Konjunkturprogramms rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) in diesem Jahr in China sogar mit einem Wachstum von 8,1 Prozent.
Chinesische Experten rechnen damit, dass das Haushaltsdefizit in diesem Jahr auch wieder unter die kritische Marke von drei Prozent der Wirtschaftsleistung fallen dürfte. Im vergangenen Jahr war es auf 3,6 Prozent geklettert, weil Peking die angeschlagene Wirtschaft nach dem Einbruch durch die Corona-Krise zum Jahresbeginn mit Milliardenspritzen wieder in Schwung bringen musste.