Explosion

Coronavirus: Wie gefährlich ist die Mutation aus Indien?

Simon Binz
Simon Binz, DPA

Indien,

In Indien nehmen die Infektionen mit dem Coronavirus zu, womöglich auch angetrieben durch die Mutation B.1.617. Wie gefährlich ist die neue Variante?

Indien ist weltweit das Land mit den zweitmeisten Corona-Infizierten. Foto: Mahesh Kumar A/AP/dpa
Indien ist weltweit das Land mit den zweitmeisten Corona-Infizierten. Foto: Mahesh Kumar A/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Pandemie-Lage in Indien hat sich zuletzt stark verschlimmert.
  • Das könnte unter anderem auch mit B.1.617 zusammenhängen.
  • Zu der Variante mit der doppelten Mutation gibt es noch nicht viele Daten.

In Indien sind die Infektionen mit dem Coronavirus zuletzt geradezu explodiert: Alleine in den letzten 24 Stunden wurden über 250'000 Fälle gemeldet. Insgesamt haben sich in dem Land schon 15,1 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Damit gilt Indien nach den USA als das zweitstärkste betroffene Land der Welt.

Einerseits dürfte die explosionsartige Zunahme der Infektionszahlen mit Kumbh Mela zu tun haben. Bei dem grössten religiösen Fest des Hinduismus kommen Millionen Menschen zusammen, feiern und nehmen ein Bad im Ganges (Fluss in Indien).

Coronavirus
Trotz Coronavirus: Gläubige nehmen anlässlich dem grössten religiösen Fests des Hinduismus ein traditionelles Bad im Fluss Ganges. - Keystone

Laut indischen Experten hat aber womöglich auch B.1.617 seinen Einfluss auf den rasanten Anstieg. Im Stark betroffenen Bundesstaat Maharashtra beispielsweise, ist die Mutation bereits für über 60 Prozent der neuen Erkrankungen verantwortlich. Eine höhere Übertragbarkeit wurde aber bisher nicht nachgewiesen.

B.1.617 erstmals Anfang Jahr in Indien aufgetaucht

B.1.617 tauchte erstmals Anfang des Jahres in Indien auf. Inzwischen ist die Variante auch in anderen Ländern angekommen. In einer kürzlich veröffentlichen Mitteilung des indischen Gesundheitsministeriums werden etwa Länder wie Australien, USA oder Singapur erwähnt.

Auch nach Europa schaffte es die Mutation bereits: In Deutschland wurden sieben, in Dänemark elf und in Grossbritannien sogar schon 77 Fälle gezählt. Dortige Wissenschaftler fordern, die indische Variante genau zu beobachten. Denn wegen einer doppelten Mutation, könnte sie noch gefährlicher sein als andere Varianten.

Coronavirus Mutation
Eine Frau wird in Indien auf das Coronavirus getestet. - Keystone

Gegenüber dem «Guardian» warnte der britische Mediziner Paul Hunter: «Die neue Variante könnte noch schwieriger durch Impfstoffe zu kontrollieren sein als die Varianten, die zunächst in Brasilien und Südafrika aufgetreten waren.»

Mutation B.1.1.7 erst unter Beobachtung

Das Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland erklärt auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA, dass die zwei Mutationen der indischen Variante «mit einer reduzierten Neutralisierbarkeit durch Antikörper oder T-Zellen in Verbindung gebracht werden, deren Umfang nicht eindeutig ist». Auch das heisst: Möglicherweise könnten Geimpfte und Genesene vor einer Ansteckung mit dieser Variante weniger gut geschützt sein.

Auch bei den in Südafrika (B.1.351) und Brasilien (P.1) entdeckten Varianten werden solche Eigenschaft befürchtet. Beide hat die WHO als besorgniserregend eingestuft - als sogenannte «Variant of Concern». Das gilt auch für die sehr ansteckende, Ende 2020 in Grossbritannien entdeckte Mutation B.1.1.7.

Indien Coronavirus
Die Corona-Zahlen in Indien sind zuletzt regelrecht explodiert. - Keystone

Die indische Variante steht bei der WHO bisher aber erst unter Beobachtung – als «Variant of Interest». Eine WHO-Sprecherin erläuterte, dass eine Mutation als besorgniserregend gilt wenn bekannt ist, dass sie sich leichter ausbreitet, schwerere Krankheiten verursacht, dem Immunsystem entgeht, das klinische Erscheinungsbild verändert oder die Wirksamkeit der bekannten Instrumente verringert.

Nicht genügend Daten vorhanden - Lauterbach warnt

Für die indische Variante gebe es nicht viele Daten, sie sei in Europa sehr selten, sagt Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. «Aus den wenigen Beobachtungen kann man noch keinen verlässlichen Trend ableiten, aber das sollte genau beobachtet werden.»

Über eine Vielzahl von Varianten mit bemerkenswerten Mutationen existiere nicht viel Wissen. «Insofern glaube ich nicht, dass B.1.617 mehr Aufmerksamkeit verdient als andere Varianten», teilte Neher mit. Auch der deutsche Star-Virologe Christian Drosten hatte die indische Variante Ende März nicht als Grund zur Beunruhigung gesehen.

Coronavirus
Der britische Premierminister Boris Johnson. - sda

Auch bei der britischen Regierung besteht offenbar noch keine grosse Beunruhigung. Zwar hat Premierminister Boris Johnson in Indien sein für Ende April geplanten Besuch abgesagt und das Land wurde auf eine «rote Liste» gesetzt – dies geschah aber mehr wegen der Corona-Lage allgemein. Bezüglich B.1.617 sagte ein Kabinettsmitglied, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass die Variante ansteckender ist, als die bisher bekannten oder nicht auf Impfstoffe reagiere.

Dagegen bezeichnete der SPD-Politiker Karl Lauterbach die indische Mutation kürzlich bei Twitter als besorgniserregend. Der Anteil der Variante in Grossbritannien wachse schneller als alle anderen Varianten.

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