Drachensteigen als tödliches Hobby: Ägypten geht gegen Fluggeräte vor
Mit Drachensteigen vertrieben sich Kinder und Jugendliche in Ägypten während der Coronakrise die Zeit. Aber nach Unfällen will die Regierung dies stoppen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im äyptischen Kairo haben Kinder während der Coronakrise mit Drachensteigen angefangen.
- Dies führte aber zu tödlichen Stürzen von Hausdächern.
- Nun will die Regierung dem Hobby Einhalt gebieten.
Oft sieht man sie in der Dämmerung am Himmel tanzen. Handgemachte Drachen, die das braune Häusermeer von Kairo mit ihren bunten Papierschwänzen schmücken. Kinder und Jugendliche halten die Fäden in der Hand und lassen die Spielgeräte von Hausdächern bis weit über Schnellstrassen steigen.
Die ägyptische Metropole mit rund 21 Millionen Einwohnern mag von Hitze, Verfall und Luftverschmutzung geplagt sein. Aber über ihr flattern die Drachen im Wind.
Tödliche Unfälle
Mit dem unschuldig wirkenden Freizeitspass könnte bald Schluss sein. Nach wiederholten Berichten über teils tödliche Unfälle will die Regierung gegen das Hobby vorgehen. Dieses hat während der Corona-Pandemie noch an Zulauf gewonnen. Sicherheitskräfte beschlagnahmten der staatlichen Nachrichtenseite «Al-Ahram» zufolge in vergangenen Tagen hunderte Drachen.
Wegen der «Gefahr für das Leben von Kindern und Jugendlichen», wie es beim Innenministerium heisst. Hersteller und diejenigen, die Drachen steigen lassen, sind im Visier der Behörden.
Tatsächlich kann Drachensteigen zum gefährlichen Spiel werden. In der Küstenstadt Alexandria stürzte dabei Anfang Juli ein zwölf Jahre altes Mädchen vom 17. Stockwerk eines Hochhauses in den Tod. In der Provinz Minufia nordwestlich von Kairo starb Anfang Juni ein Schüler beim Drachensteigen durch einen Stromschlag.
Im Stadtteil Al-Mataria berichteten zwei Brüder der Deutschen Presse-Agentur, wie einer ihrer Freunde von einem Häuserdach fiel und starb.
Durch Coronakrise zu Drachensteigern
Viele Kinder und Jugendliche dürften erst durch die Corona-Pandemie zu richtigen Drachen-Fans geworden sein. Schulen, Sportklubs, Kinos und Cafés blieben geschlossen, dazu kam eine nächtliche Ausgangssperre über drei Monate zur Eindämmung des Virus. Im Kampf gegen Langeweile und Einsamkeit griffen viele zu den Drachen.
Diese waren in allen Farben, Grössen und Formen entlang städtischer Silhouetten oder an den Küsten des Landes zu sehen. Einige Schreiner entdeckten in den Fluggeräten eine neue Einnahmequelle.
«Das Coronavirus war ein Hauptgrund für die Verbreitung», sagt ein Händler, der sich Diab nennt, der dpa. «Viele hatten Freizeit, um Drachen steigen zu lassen.» Erst habe er nur das benötigte Schilf. Dann aber selbst gebaute Drachen für etwa 1,10 bis 2,75 Euro verkauft, sagt der 24-Jährige.
Auf Anfrage habe er dann auch Drachen im Wert von 300 Pfund (etwa 16,50 Euro) angefertigt samt Verzierungen und Lichterketten. Einen anderen Job hat er nicht.