Fall Eva Kaili: Darum gibt es weniger korrupte Frauen als Männer
Berichte über korrupte Frauen sind selten. Das hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Sondern: «Mehr Männer als Frauen verfügen über Einfluss», sagt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Eva Kaili, Ex-Vizepräsidentin des EU-Parlaments, wird verdächtigt, korrupt zu sein.
- Dass auch Frauen zur Korrumpierbarkeit neigen, ist nicht überraschend, so ein Experte.
- Trotzdem gebe es viel mehr korrupte Männer – «da sie über mehr Einfluss verfügen».
Eva Kaili wird verdächtigt, von Katar Geld- und Sachgeschenke entgegengenommen zu haben. Im Gegenzug soll das Weltmeisterschaft-Austragungsland versucht haben, Einfluss auf Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen. Jetzt ist die Griechin ihren Job als Vizepräsidentin des EU-Parlaments los.
Eine Frau, die korrupt ist – eine Seltenheit. Oder doch nicht? «Es gibt dabei keine prinzipiellen Geschlechterunterschiede», erklärt der Politologe Gerald Schneider auf Anfrage von Nau.ch.
Denn zur Korruption gehörten immer zwei Parteien. «Die Organisation oder die staatliche Stelle und die Personen, von denen sich diese Begünstigungen erhoffen», so Schneider.
Mit anderen Voraussetzungen in Spitzenpositionen
Trotzdem würden insbesondere Männer sondiert, ob sie zu korrupten Praktiken bereit seien. «Da immer noch mehr Männer als Frauen über Einfluss verfügen», erklärt der Politologe. Im EU-Parlament ist das nicht anders: «Die Liste der korrupten Männer war damals wie heute immer länger.»
Doch worin unterscheiden sich korrupte Frauen von ihrem männlichen Pendant?
«Der Unterschied liegt eigentlich nur darin, dass Männer und Frauen mit anderen Voraussetzungen in Spitzenpositionen gelangen», so Schneider.
Kaili sei TV-Moderatorin und Abgeordnete einer Partei gewesen, die «auch für griechische Verhältnisse als überaus korruptionsanfällig gilt».
Kommt hinzu: «Die katarischen und wohl auch russischen Behörden, die ihr Geld zusteckten, dachten wohl, dass eine gutaussehende Politikerin sich eher durchsetzen kann als ein durchschnittlicher männlicher Abgeordneter.»
Transparente Regeln bei Parteifinanzierung
Dass Frauen also durchaus korrupt sein können, beweist nicht nur Eva Kaili. Als Beispiel nennt Schneider etwa die frühere EU-Kommissarin Edith Cresson. Die Französin beförderte unqualifizierte Personen in Spitzenämter, 1999 folgte der Rücktritt.
Um die Zahl der korrumpierbaren Politikerinnen und Politiker zu reduzieren, fordert der Politologe «transparente Regeln». Etwa bei der Parteienfinanzierung.