Warum entwickelt der Mensch ein derart grosses Gehirn? Forscher klären diese Frage aus genetischer Sicht. Ihre Resultate zeigen: Für sein hohes Hirnvolumen zahlt der Mensch mitunter einen hohen Preis.
Das Bild zeigt einen menschlichen Schädel mit einer darüber gelegten Illustration eines menschlichen Gehirns.
Das Bild zeigt einen menschlichen Schädel mit einer darüber gelegten Illustration eines menschlichen Gehirns. - dpa

Das ist anscheinend der entscheidende Beitrag von NOTCH2NL: Die gewöhnlich drei Gene lassen die Stammzellen sich häufiger teilen und verzögern ihre Reifung zu Nervenzellen. Mehr Stammzellen bedeuten letztlich mehr Nervenzellen und damit ein grösseres Gehirn. Dieser Vorgang spielt sich vor allem in jenem Areal ab, in dem sich die Grosshirnrinde entwickelt.

Diese Grafik zeigt menschliche kortikale Zellen in vitro 2. Zwei Forschergruppen haben eine Antwort auf die Frage gefunden, weshalb das Gehirn des Menschen etwa dreimal so gross ist wie das seiner nächsten Verwandten im Tierreich.
Diese Grafik zeigt menschliche kortikale Zellen in vitro 2. Zwei Forschergruppen haben eine Antwort auf die Frage gefunden, weshalb das Gehirn des Menschen etwa dreimal so gross ist wie das seiner nächsten Verwandten im Tierreich. - dpa

Haussler und Kollegen vermuteten auch einen Zusammenhang mit Fehlentwicklungen im Gehirn: Das Fehlen jenes Chromosomenabschnitts 1q21.1, auf dem NOTCH2NL-Gene zu finden sind, geht häufig mit einem kleinen Gehirn und Autismus einher. Umgekehrt kann eine Verdopplung des Abschnitts ein vergrössertes Gehirn und Schizophrenie zur Folge haben. Die Forscher untersuchten das Erbgut von je drei Patienten mit einem zu kleinen und einem zu grossen Gehirn: Bei der ersten Gruppe fanden sie nur zwei NOTCH2NL-Gene, bei der zweiten Gruppe hingegen vier.

Ein mehrfach vorhandenes Gen macht den Unterschied: Zwei Forschergruppen haben eine Antwort auf die Frage gefunden, weshalb das Gehirn des Menschen etwa dreimal so gross ist wie das seiner nächsten Verwandten im Tierreich. Doch diese Errungenschaft birgt Risiken. Das berichten ein Team um David Haussler von der University of California in Santa Cruz und eine Gruppe um Pierre Vanderhaeghen von der Université Libre in Brüssel im Fachmagazin «Cell».

Die meisten Tiere tragen im Erbgut das Gen NOTCH2: Es enthält Informationen zum Bau von Proteinen, die beim Embryo eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung von Organen wie etwa dem Gehirn spielen. Eine spezielle Variante von NOTCH2 ist bei Schimpansen und Gorillas zu finden, doch die Gensequenz hat bei ihnen nach bisherigen Kenntnissen keine Funktion.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Gen sorgt beim Menschen dafür, dass das Gehirn bei Embryos länger wächst als bei Menschenaffen.
  • Dies haben zwei Forschergruppen festgestellt.
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Beim Menschen dagegen sorgt eine andere Variante – NOTCH2NL – offenbar dafür, dass das Gehirn des Embryos länger wächst als bei Menschenaffen. An Gehirnstammzellen von Mäusen, die eine Art vereinfachtes Mini-Gehirn darstellen, untersuchten Haussler und Kollegen den Effekt: Wenn die drei NOTCH2NL-Gene abgeschaltet waren, reiften mehr Stammzellen zu Nervenzellen, was das Wachstum des Gehirns begrenzte.

Zusammenhang mit Fehlentwicklungen im Hirn

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