Gefangene Iran-Protestlerin beschreibt Brutalität in Brief
Seit Wochen lässt das iranische Regime zahlreiche Protest-Teilnehmer verhaften. Eine Gefangene schildert in einem Brief die Gräueltaten im Gefängnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Zusammenhang mit den Protesten im Iran sind tausende Menschen verhaftet worden.
- Eine Gefangene hat nun in einem Brief die Gräueltaten in Gefängnissen beschrieben.
- Inhaftierte Demonstranten sollen mit Gewalt zu Geständnissen gezwungen werden.
Seit Wochen gehen tausende Iranerinnen und Iraner aus Protest gegen die Regierung auf die Strasse. Beim Versuch die Demonstrationen zu zerschlagen, liess die iranische Führung tausende Teilnehmende verhaften. Vier Demonstranten wurden bereits hingerichtet.
Sepideh Qolian ist eine der prominentesten Aktivistinnen Irans. Sie wurde 2018 verhaftet, befindet sich seither im Evin-Gefängnis in Teheran.
Nun hat sie einen Brief aus einem Gefängnis geschrieben – der beunruhigende Inhalt liegt der «BBC» vor: Die Gefangenen sollen mit Gewalt zu Geständnissen gezwungen werden.
Qolian ist Studentin, versucht im Gefängnis, ihrem Jura-Studium nachzugehen. Das ist nicht einfach: Der «Kultur»-Trakt, in dem sie die Prüfungen ablegen wird, hat sich seit Ausbruch der Aufstände stark verändert. Er sei in ein «Folter- und Verhör-Gebäude» umgewandelt worden, berichtet sie.
Aktivistin berichtet von Folter
«Der Prüfungsraum ist mit jungen Frauen und Männern gefüllt», beschreibt sie in dem Brief. «Man kann die Schreie hören.»
Sie berichtet vom Fall eines jungen Mannes, den sie Ende Dezember auf dem Weg zum Prüfungsraum gesehen hat. Er stand zitternd in einem dünnen T-Shirt bekleidet und mit verbundenen Augen vor den Wärtern. «Er flehte: ‹Ich schwöre bei Gott, ich habe niemanden geschlagen.›»
«Beim Vorbeigehen habe ich gerufen: ‹Gestehe nicht!› und ‹Tod euch Tyrannen!›», erzählt Qolian weiter.
Sie glaubt, dass die Demonstrationen etwas bewirken können. Heute seien die Stimmen in Irans Strassen «lauter als die Geräusche in den Verhörräumen. Das ist der Klang einer Revolution.»
Nach vier Jahren vernehme sie «endlich die Zeichen der Befreiung aus dem ganzen Iran», schreibt sie.
Nach Angaben der Human Rights Activists' News Agency (HRANA) wurden bisher mindestens 519 Demonstranten – darunter 69 Kinder – getötet. Mindestens 19'300 Menschen seien verhaftet worden.
Ausgelöst wurden die Proteste durch den Tod der jungen iranischen Kurdin Mahsa Amini im September. Die 23-Jährige starb in Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen Verstosses gegen die islamistischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.