Gewerkschaft: Arbeitsschutz in Fleischbranche «Meilenstein»
Nach andauernden Problemen mit Arbeitsbedingungen in Fleischbetrieben will die Politik nun entschieden eingreifen. Das geplante Gesetz erhält von Beschäftigten viel Zustimmung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat den Entwurf des Arbeitsschutzkontrollgesetzes für die Fleischindustrie als «Meilenstein» bezeichnet.
Er setze mit dem Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit endlich beim Grundproblem an, sagte der NGG-Vorsitzende, Guido Zeitler, am Mittwoch.
Eine strengere Reglementierung der Branche sei dringend nötig, so Zeitler. Das hätten die aus Sicht der Gewerkschaft gescheiterten Versuche der Politik zur Selbstverpflichtung der Fleischindustrie klar gezeigt. Auch das 2017 verabschiedete Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft sei in der Vergangenheit von den Unternehmen unterlaufen worden, betonte Zeitler. Es sei bemerkenswert und symptomatisch, wenn für eine Branche ein separates Schutzgesetz gemacht werden müsse.
«Die Geduld der Politik ist einfach aufgebraucht gewesen», sagte Gerhard Bosch, Professor für Arbeitssoziologie an der Universität Duisburg-Essen. Das neue Empörungsniveau, das durch die Häufung der Corona-Neuinfektionen in den Fleischbetrieben entstanden sei, habe der Politik diesmal keine andere Wahl gelassen, als schnell zu reagieren. Die eklatanten Zustände in den Betrieben und in den Unterkünften sollen zur Verbreitung des Virus in den Unternehmen massgeblich beigetragen haben.
Da das geplante Gesetz nicht auf einem Umdenken in der Branche basiere, müsse die Politik für Druck durch ausreichend Kontrollen und harte Sanktionen sorgen, sagte Bosch. Die Marktzusammensetzung mit vielen grossen «Playern» erleichtere die Möglichkeiten, regelmässige, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. «Es ist nicht gesagt, dass sich die Situation zum Besseren wendet, aber das Gesetz schafft ganz sicher eine bessere Ausgangssituation.»
«Wir wollen zu 100 Prozent Stammbelegschaft», betonte Ulrike Reichelt, Betriebsrätin in einem fleischverarbeitenden Betrieb in Oldenburg. Sie gehe auch davon aus, dass die überwiegende Mehrheit der betriebsfremden Mitarbeiter endlich fest angestellt werden wolle. An dem Verbot sowohl für Werkverträge als auch Leiharbeit führe kein Weg vorbei. «Wenn ein Werkvertrag abgeschafft wird, dann werden die Unternehmen das einfach über Leiharbeit wieder aufbauen», befürchtet sie.
Das geplante Gesetz erlaubt ab dem kommenden Jahr nur noch Betriebsangehörigen das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch. Geplant ist, dass Werkverträge ab dem 1. Januar 2021 und Leiharbeit ab dem 1. April 2021 verboten sein sollen. Ausgenommen sind Fleischerhandwerksbetriebe mit bis zu 49 Mitarbeitern. Neu aufgeflammt war die Debatte, weil vermutet wird, dass die Arbeitsbedingungen die massenhaften Corona-Infektionen von Beschäftigten in Fleischbetrieben in den vergangenen Monaten befördert haben könnten.
In dem Gesetzespaket, das noch den Bundestag und den Bundesrat passieren muss, sind weitere Regelungen vorgesehen, die den Arbeitsschutz verbessern sollen. So sehen die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auch eine verbesserte Unterbringung der Arbeiter, elektronische Arbeitszeiterfassung und eine Mindestquote für Arbeitsschutzkontrollen vor. Man werde in der Fleischindustrie gründlich aufräumen, hatte Heil im Juli bekräftigt.