Israel beendet Einsatz: Laut Armee 200 Kämpfer getötet
Israel beendet seinen Militäreinsatz in der Schifa-Klinik im Gazastreifen. Es seien über 200 Kämpfer der Hamas und andere Extremisten getötet worden.
Nach zweiwöchigen Gefechten hat die israelische Armee ihren gross angelegten Anti-Terror-Einsatz in der grössten Klinik im Gazastreifen beendet. Dabei seien mehr als 200 Kämpfer der islamistischen Hamas und andere Extremisten getötet worden, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Hunderte weitere hätten sich ergeben.
Am Montag wurden im und um das Schifa-Spital in Gaza-Stadt laut dem von der Hamas kontrollierten Zivilschutz rund 300 Leichen gefunden. Fernsehbilder zeigten starke Zerstörungen des Gebäudekomplexes. In dem hätten sich nach Armeeangaben viele Extremisten verbarrikadiert.
Netanjahu lobt Militäreinsatz als Erfolg
Netanjahu lobte den Militäreinsatz in der Klinik als Erfolg. Doch bekommt der konservative Politiker fast sechs Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs in Israel viel Gegenwind. Zehntausende Demonstranten forderten bei wütenden Protesten am Sonntagabend in Jerusalem den Rücktritt seiner Regierung, eine Neuwahl sowie einen raschen Deal zur Freilassung der Dutzenden Geiseln, die seit Oktober in der Gewalt der Hamas sind.
Nach Medienberichten war es die grösste regierungskritische Kundgebung seit Monaten. Vor dem Parlament in Jerusalem bauten Demonstranten mehr als 100 Protestzelte auf. Auslöser des Gaza-Kriegs war ein Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel begangen hatten. Dabei brachten sie rund 1200 Menschen brutal um und verschleppten mehr als 250 Geiseln in den Gazastreifen.
Seit dem Tag sind laut Armee 600 israelische Soldaten getötet worden. 256 Soldaten von ihnen seit Beginn der Bodenoffensive in dem abgeriegelten Küstengebiet am 27. Oktober. Im Gazastreifen wurden seit Kriegsbeginn nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde 32'845 Menschen getötet und mehr als 75'000 weitere verletzt.
Ringen um Feuerpause und Geisel-Freilassung geht weiter
Weiter geht das Warten auf Ergebnisse der zähen Gespräche über ein Geisel-Abkommen und eine Feuerpause. Am Sonntag war eine israelische Delegation Medienberichten zufolge in Kairo angekommen. Die «Times of Israel» berichtete unter Berufung auf einen israelischen Vertreter, man sei zuletzt enttäuscht vom Vermittler Katar gewesen.
Dort waren die Verhandlungen zuletzt geführt worden. Bevor sie dann vor einigen Tagen platzten. Die israelische Regierung und die Hamas sprechen nicht direkt miteinander.
Ausnahmen für Ultraorthodoxe bei der Wehrpflicht ausgelaufen
In der Koalition Netanjahus, der auch Rechtsextreme und streng religiöse Politiker angehören, droht neuer Streit. Dies, weil in der Nacht jahrzehntealte Ausnahmen für ultraorthodoxe Juden bei der Wehrpflicht ausliefen. Es war der Regierung nicht gelungen, ein Gesetz zu verabschieden, das die Erleichterungen zementieren sollte.
Laut einer Entscheidung der Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara ist das Militär nun verpflichtet, ab sofort auch die bisher weitgehend befreiten Religionsstudenten einzuziehen. Nach Medienberichten handelt es sich dabei um mehr als 60'000 Männer. Es wird aber nicht damit gerechnet, dass das Militär diesen sofort Musterungsbescheide schickt, obwohl der Armee seit Beginn des Gaza-Kriegs Berichten zufolge Soldaten fehlen.
Ebenfalls ab Montag sollten laut einer einstweiligen Anordnung des Höchsten Gerichts auch staatliche Subventionen für ultraorthodoxe Männer im wehrpflichtigen Alter gestrichen werden, die in Religionsschulen studieren. Der schon seit Jahrzehnten schwelende Streit um die Wehrpflicht hatte sich zuletzt dramatisch zugespitzt und könnte nach Einschätzung von Beobachtern mittelfristig Netanjahus Koalition gefährden. Männer müssen in Israel regulär drei Jahre, Frauen zwei Jahre Wehrdienst leisten.
Frachter mit Hilfsgütern vor dem Gazastreifen
Die israelische Polizei nahm am Montag die Angehörige eines ranghohen Hamas-Mitglieds fest. Nach israelischen Medienberichten eine Schwester des Hamas-Chefs Ismail Hanija. Dieser lebt in Katar. Die in Tel Scheva festgenommene 57-Jährige identifiziere sich mit einer Terrororganisation und werde der Hetze und Unterstützung von Terroranschlägen in Israel beschuldigt, teilte die Polizei mit.
Am Montagnachmittag wurden im Gazastreifen ein Frachter und zwei kleinere Schiffe mit Hunderten Tonnen Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung erwartet. Die Schiffe waren Samstag von Zypern aus gestartet. Die Fracht sollte voraussichtlich noch am Montag gelöscht werden, wie der zyprische Präsident Nikos Christodoulidis nach Medienberichten sagte. Die Zivilbevölkerung leidet nicht nur unter den Luftangriffen und andauernden Kämpfen am Boden, es mangelt auch am Nötigsten: Die Menschen haben kaum mehr Lebensmittel und Medikamente.