Macron und von der Leyen finden verschiedenen Umgang mit China
Präsident Macron und die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen waren in China. Und behandelten Xi Jinping sehr unterschiedliche. Eine Strategie?
Das Wichtigste in Kürze
- Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen haben Xi Jinping in China besucht.
- Der chinesische Präsident versuchte, einen Keil zwischen Europa und Amerika zu treiben.
- Der französische Präsident und die Kommissionspräsident gingen verschieden damit um.
China verfolgt eine Charmeoffensive gegenüber Europa, um einen Keil in dessen Bündnis mit den USA zu treiben. In China finden Macron und von der Leyen einen unterschiedlichen Umgang mit Peking. Eine Strategie?
Die Unterschiede sind überall erkennbar. Emmanuel Macron lobt Chinas Positionspapier zum Ukraine-Konflikt als interessanten «Friedensplan». Ursula von der Leyen verwirft ihn als «einfach keinen gangbaren Plan». Die EU-Kommissionspräsidentin warnt vor wirtschaftlicher Abhängigkeit von China, will Risiken minimieren.
Frankreichs Präsident will die Geschäfte eher ausbauen. Landet seine Maschine mit viel Pomp auf dem Pekinger Flughafen, fliegt von der Leyen lieber Linie. Und während Chinas Staatsmedien Macrons Staatsbesuch gross würdigen, wird von der Leyen kaum erwähnt.
Doch sind sich beide Spitzenpolitiker einig, dass Europa mit China reden muss. Macron hatte die Kommissionspräsidentin zur Teilnahme an seinen Gesprächen mit Staats- und Parteichef Xi Jinping am Donnerstag eingeladen.
Manche spekulieren über verteilte Rollen nach dem Motto «Good Cop, Bad Cop» – «Guter Polizist, böser Polizist». Diese Taktik gilt oft als erfolgversprechend. Für China zeigt sich aber nur wieder europäische Uneinigkeit. Die weiss es seit jeher auszunutzen, indem die Akteure gegeneinander ausgespielt werden.
Peking startet Charmeoffensive
China betrachtet Europa allein durch die Brille seiner geopolitischen Rivalität mit den USA. Auch ist Peking überzeugt, dass die Europäer nach der Pfeife der Amerikaner tanzen. «Das ist schon befremdlich», meinte ein europäischer Diplomat. Es gebe «null Verständnis», was das Bündnis zwischen Europa und den USA bedeute.
Peking hat nun eine Charmeoffensive gestartet, um einen Keil zwischen Europäer und Amerikaner zu treiben. Von der Leyen wies solche Versuche in Peking zurück: «Die transatlantischen Bande sind stark und fussen seit Jahrzehnten auf Vertrauen und einer tiefen Freundschaft.»
Macron hingegen fiel keineswegs durch Kritik an China auf, hielt sich selbst mit einer Verurteilung Russlands zurück. Frankreichs Präsident wurde dafür mit besonderer Aufmerksamkeit belohnt.
Xi Jinping traf ihn gleich zweimal – in Peking und dann am Freitag erneut in der südchinesischen Metropole Guangzhou. Insgesamt verbrachten sie viele Stunden zusammen. Der Staatsbesuch wird von beiden als Möglichkeit für einen Neuanfang nach drei Jahren Pandemie-Pause gesehen – als wäre nichts gewesen.
Verhältnis so schlecht wie nie
Dabei ist das Verhältnis so schlecht wie nie: Differenzen gibt es nicht nur über den Schulterschluss mit dem Aggressor Russland. Sondern auch über die Unterdrückung in Hongkong, die Verfolgung der Uiguren und Tibeter, die Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer. Ebenso bei Chinas Aufrüstung und Drohungen gegen das demokratische Taiwan oder den Einsatz von Handel als politisches Druckmittel.
Die kritische China-Rede der EU-Kommissionspräsidentin wird von chinesischer Seite lächelnd abgetan. «Ich hatte den Eindruck, als wenn zwei Leute miteinander streiten», kommentierte Chinas Botschafter in Brüssel, Fu Cong. «Diese Zweideutigkeit bedeutet, dass Europa keine kohärente Politik gegenüber China formuliert hat.»
Der Diplomat hat den Warnschuss möglicherweise nicht gehört. Macron mag zwar französische Interessen verfolgen, aber die Kommissionspräsidentin arbeitet an der neuen China-Strategie der gesamten Europäischen Gemeinschaft. «Chinas Führung macht sich grosse Sorgen, was da kommt», sagen EU-Diplomaten in Peking. Nicht nur in Brüssel, auch in Berlin wird an einer eigenen China-Strategie gearbeitet, die einen Wendepunkt markieren dürfte: keine Abkopplung, aber Risikominimierung und eine deutlich härtere Linie.