Mehr als 100'000 Menschen aus Berg-Karabach nach Armenien geflohen
Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird aufgelöst. Über 100'000 Menschen haben die Region seither Richtung Armenien verlassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Grossteil der Einwohner von Berg-Karabach haben die Region verlassen.
- Armenische Behörden registrierten am Samstag 100'417 Flüchtlinge.
- Am Donnerstag hat die selbsternannte Republik die Auflösung angekündigt.
100'417 Flüchtlinge seien in Armenien registriert worden, teilte eine Sprecherin des armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan am Samstag mit. Damit hat inzwischen ein Grossteil der geschätzten 120'000 Einwohner Berg-Karabach verlassen.
Nach Angaben eines früheren Behördenvertreters der selbsternannten Republik waren am Samstag die «letzten» Flüchtlingsgruppen Richtung Armenien unterwegs. Höchstens «ein paar hundert» Menschen, darunter hauptsächlich Beamte oder Mitarbeiter von Rettungsdiensten und Freiwillige, befänden sich laut inoffiziellen Informationen noch in Berg-Karabach, schrieb Artak Beglarian im Onlinedienst X, ehemals Twitter.
Aserbaidschan hatte am 19. September eine grossangelegte Militäroffensive in der Region gestartet. Bereits einen Tag später erklärten die dortigen pro-armenischen Kämpfer ihre Kapitulation.
Auflösung per 2024 angekündigt
Am Donnerstag dann wurde die Auflösung der selbsternannten Republik Berg-Karabach zum 1. Januar 2024 angekündigt. Berg-Karabach, das überwiegend von Armeniern bewohnt war, werde damit «aufhören zu existieren», hiess in einem Dekret.
Berg-Karabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bislang aber überwiegend ethnische Armenier. Die Region hatte sich 1991 nach einem international nicht anerkannten und von der aserbaidschanischen Minderheit boykottierten Referendum für unabhängig erklärt.
Aserbaidschan und Armenien stritten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die Region und führten deshalb zwei Kriege, zuletzt 2020. Damals hatte das lange mit Armenien verbündete Russland nach sechswöchigen Kämpfen mit mehr als 6500 Toten ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe grosser Gebiete zwang. Die in Berg-Karabach stationierten russischen Kräfte hatten sich der jüngsten aserbaidschanischen Offensive nicht entgegengestellt.