Mohammed al-Dschulani: Das ist der neue Herrscher in Syrien
Abu Mohammed al-Dschulani führt die Rebellen zum Sieg über Assad. Er präsentiert sich nun als moderater Anführer und verspricht ein neues Syrien.
Das Wichtigste in Kürze
- Der syrische Präsident Baschar al-Assad ist gestürzt.
- Anführer der Islamistengruppe hinter dem Sturz ist Abu Mohammed al-Dschulani.
- Einst als radikaler Extremist bekannt, inszeniert er sich heute als «Lokalheld».
Abu Mohammed al-Dschulani, 42, steht an der Spitze einer bedeutenden Wendung im syrischen Bürgerkrieg.
Als Anführer der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) präsentiert er sich zunehmend als «neuer Herrscher Syriens».
Ein Imagewandel, der sowohl Anerkennung als auch Kritik hervorruft.
Vom Extremisten zum «Lokalhelden»
Noch vor wenigen Jahren war al-Dschulani als radikaler Extremist bekannt. Heute überrascht er mit einem Imagewechsel.
Statt militärischer Kleidung trägt er Anzüge, gibt Interviews im westlichen Stil und positioniert sich als moderater Führer.
Seine Ziele sind klar: Die HTS soll als legitime Regierungsalternative in Syrien wahrgenommen werden.
Dafür inszeniert er sich als «Sicherheitsgarant». Und wird dafür auch als «Lokalheld» gefeiert.
Der Zuspruch in der Bevölkerung ist gross. Trotz eines von den USA auf ihn gesetzten Kopfgelds von zehn Millionen Dollar.
Ein Weg durch Extremismus
Al-Dschulanis Vergangenheit ist geprägt von Stationen bei extremistischen Gruppen. Nach Kämpfen gegen US-Truppen im Irak schloss er sich dem Terrornetzwerk Al Kaida an.
Mit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 übernahm er die Führung der Al-Nusra-Front. Das ist ein syrischer Ableger von Al Kaida.
Doch später brach er mit Al Kaida und distanzierte sich vom Islamischen Staat (IS). Dieser Bruch markiert den Beginn seiner ideologischen und strategischen Neuausrichtung.
Kontroversen um die HTS
Trotz des Wandels bleibt al-Dschulani eine umstrittene Figur.
Menschenrechtsorganisationen werfen der HTS schwerwiegende Vergehen wie die Unterdrückung von Dissidenten und Folter vor.
Die internationale Gemeinschaft ist skeptisch: Die HTS wird weiterhin als terroristische Organisation eingestuft, was die Bemühungen um Anerkennung erschwert.
Neue Ziele und Ambitionen
Wie geht es nun weiter in Syrien? Unter al-Dschulanis Führung verfolgt die HTS ambitionierte Pläne.
Die Organisation strebt eine Alternativregierung im Nordwesten Syriens an, basierend auf Institutionen statt der «Herrschaft von Einzelpersonen oder persönlichen Launen».
Al-Dschulani ruft zur Einheit und Koexistenz mit Minderheiten auf – ein vielversprechendes, aber umstrittenes Versprechen.
Laut Analyst Orwa Ajjoub zeigt al-Dschulani «deutliches Interesse an der Herrschaft». Er habe bereits eine funktionierende Verwaltungsstruktur im Nordwesten Syriens etabliert.
Internationale Reaktionen
Die Entwicklungen in Syrien werden weltweit aufmerksam verfolgt. Besonders die Rolle der Türkei sorgt für Diskussionen.
Laut der italienischen Zeitung «La Repubblica» könnte die Türkei hinter der aktuellen Offensive der HTS stehen.
Die Zeitung schreibt, dass sich die türkischen Streitkräfte seit Monaten auf eine Kooperation mit der HTS vorbereite. Ziel: Den Einfluss in Syrien ausbauen.
Ankara bestreitet jegliche Beteiligung. Gleichzeitig hat sich Präsident Erdogan hoffnungsvoll über den Vormarsch der Rebellen geäussert.
Die Zukunft Syriens
Nach Jahren des Bürgerkriegs hoffen viele Syrer auf Frieden und Stabilität. Doch die islamistische Ausrichtung der neuen Machthaber sorgt für Skepsis. Ob al-Dschulani seine Versprechen einer inklusiven Regierung und Einheit erfüllen kann, bleibt abzuwarten.
Für Syrien steht eine ungewisse Zukunft bevor – zwischen Hoffnung auf Frieden und der Sorge vor neuen Konflikten.