Mount Everest: Messner bestieg ihn ohne Sauerstoff und Begleiter
Reinhold Messner hat beim Bergsteigen Extreme gewagt wie kein anderer. Vor 40 Jahren setzte der 75-Jährige am Mount Everest einen Meilenstein im Alpinismus.

Das Wichtigste in Kürze
- Reinhold Messner schrieb vor 40 Jahren Alpingeschichte.
- Er bestieg alleine und ohne künstlichen Sauerstoff den Mount Everest.
- Messner gibt zu, dass er Glück hatte.
Ohne Begleiter und ohne künstlichen Sauerstoff auf den höchsten Berg der Welt: Vor 40 Jahren, am 20. August 1980, erreichte Reinhold Messner im Alleingang den 8848 Meter hohen Gipfel des Mount Everest – und schrieb damit Alpingeschichte.
Das «i-Tüpfchen» auf sein Bergsteigen hat er den Erfolg einmal genannt. Und dennoch ist ihm in diesem Jahr ein anderer Jahrestag wichtiger. Vor 50 Jahren bestieg er mit seinem Bruder Günther über die Rupalwand als höchste Steilwand der Welt den Nanga Parbat. Beim Abstieg kam sein Bruder ums Leben.
«1970 ist die Schlüsselzahl meines Lebens», sagt Messner. «50 Jahre Nanga Parbat ist um ein Vielfaches wichtiger als 40 Jahre Mount Everest.» Das gelte auch bergsteigerisch. «Mit diesem Jahr beginnt eine neue Phase des Himalaya-Bergsteigens.»
Mit 60 Kilo auf den Mount Everest
Mit wenig Ausrüstung und ohne aufwendige Lager prägte er in den folgenden Jahren einen völlig neuen Stil des Höhenbergsteigens mit. Rund 60 Kilo Gepäck hatte er etwa am Everest dabei. Acht Tonnen schwer sei hingegen die Ausrüstung der Expedition zehn Jahre zuvor am Nanga Parbat gewesen.
Am Nanga Parbat habe er den Grundstein gelegt für den späteren Alleingang am Mount Everest, sagt Messner. Weil seine Zehen erfroren, stieg er damals vom Klettern um auf das Höhenbergsteigen. 1978 bestieg er den Nanga Parbat im Alleingang. «Das hat mir gezeigt, dass ich psychologisch in der Lage bin, mit mir selber zurechtzukommen.»
Kurz zuvor hatte Messner zusammen mit Peter Habeler den Everest ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen. Ärzte warnten, ein Mensch könne in der Höhe nicht ohne zusätzlichen Sauerstoff überleben, ohne Schaden zu nehmen. Erfahrene Alpinisten räumten dem Plan wenig Aussicht auf Erfolg ein.
Besteigung auf Mount Everest – der Durchbruch
Bis heute sehen Bergsteigerkollegen in dieser Everest-Besteigung den eigentlichen Durchbruch. «Das war das letzte wirklich grosse Abenteuer auf dieser Welt. Die grosse Unbekannte war: Ist das möglich?», sagt der Extrem-Kletterer Stefan Glowacz.
Die Besteigung durch Messner und Habeler sei für den Alpinismus ein riesiger Schritt gewesen «vergleichbar mit der Mondlandung». «Messner hat Abenteuer überlebt, die ihrer Zeit weit voraus waren. Er war ein grosser Visionär, der den Alpinismus bis heute prägt.»
Messner selbst sagt, die Erfahrungen mit Habeler sowie allein am Nanga Parbat hätten ihn bestärkt für den Solo-Gang am Everest: «Das kann ich auch allein machen.» Ein schönes und romantisches Bergerlebnis sei eine Achttausenderbesteigung allerdings keineswegs. «Es ist sehr anstrengend, es ist kalt. Im obersten Teil ist das ein einziges Hecheln, die kalte Luft fährt einem in die Lunge.»
Rutsch in eine Gletscherspalte
Auf dem Weg zum Everest rutscht Messner in eine Gletscherspalte – allein, ungesichert. In der scheinbar ausweglosen Situation und Dunkelheit der Spalte ist für ihn klar: «Wenn ich da rauskomme, lass ich es.» Er kann sich tatsächlich befreien - und steigt doch weiter.
Oben angekommen – «ich war unendlich müde» – neue Sorgen: Der Monsun treibt Nebel herauf. «Ich hatte Angst, wenn es anfängt zu schneien, dann finde ich nicht mehr hinunter. Ich war ja auf meine Spur angewiesen.» Halb laufend, halb rutschend erreicht er niedrigere Lagen – der Nebel lichtete sich – «Ich hatte wirklich grosses Glück».
Mit 75 Jahren bereitet Messner nun sein Erbe. Mit einer «Final Expedition» um die Welt will er bei Auftritten folgendes weitergeben: sein Verständnis vom Bergsteigen und seinen Appell zum Respekt für die Berge. «Ich bin nicht der Einzige, der es kann. Aber ich bin einer der derjenigen, die überlebt haben.»