Präsidentenwahl in Nigeria in letzter Minute verschoben
Die Wecker waren schon gestellt in Afrikas grösster Demokratie. Doch nur Stunden vor der Öffnung der Wahllokale zog die Wahlkommission überraschend die Reissleine. Die Opposition spricht von versuchter Wahlmanipulation.
Das Wichtigste in Kürze
- Nur wenige Stunden vor Beginn der Abstimmung hat Nigerias Wahlkommission überraschend die Präsidentenwahl um eine Woche verschoben.
Nach einer sorgfältigen Prüfung des Standes der Vorbereitungen sei im Sinne «freier, fairer und transparenter Wahlen» eine Verschiebung beschlossen worden, erklärte die Wahlkommission am Samstagmorgen. Bis zum kommenden Samstag sollten noch «eine Reihe von Herausforderungen» gestemmt werden, erklärte Wahlleiter Mahmood Yakubu. Diese «schwierige Entscheidung» sei für eine erfolgreiche Durchführung der Wahlen und die Stärkung der Demokratie notwendig gewesen, sagte Yakubu nach dem Beschluss vor Journalisten.
Die Ankündigung kam für die meisten Beobachter völlig überraschend. Die Begründung für die Verschiebung blieb vage. Im Vorfeld der Abstimmung waren einige Wahllokale angezündet worden und es hatte Berichte gegeben, wonach an mehreren Orten Wahlunterlagen fehlten. Auch die Wahlen 2011 und 2015 waren in Afrikas bevölkerungsreichstem Land verschoben worden, aber mit etwas grösserem Vorlauf. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in dem westafrikanischen Staat sollen nun am kommenden Samstag stattfinden, Abstimmungen zu Gouverneuren und Parlamenten der Bundesstaaten am 9. März.
Staatschef Muhammadu Buhari bewirbt sich bei der Präsidentenwahl um eine weitere Amtszeit. Beobachter erwarten ein Kopf-an-Kopf Rennen mit seinem Herausforderer Atiku Abubakar. Der konservative und asketisch wirkende Buhari (76) verspricht den Wählern eine bessere Infrastruktur sowie einen entschlossenen Kampf gegen Korruption und radikale Islamisten. Der liberale Unternehmer Abubakar (72) will die Wirtschaft liberalisieren und damit Millionen Arbeitsplätze schaffen.
Abubakar verurteilte die Verschiebung der Wahl als «verzweifelte» Finte, mit der eine Niederlage Buharis abgewendet werden solle. Er rief seine Anhänger auf, friedlich zu bleiben und wählen zu gehen.
Buhari wiederum erklärte, er sei «sehr enttäuscht», dass die Wahl trotz aller Zusicherungen der Wahlkomission verschoben worden sei. Er appelliere an alle Nigerianer, «von jeglichen Ausschreitungen abzusehen sowie friedlich und patriotisch zu bleiben», damit keine «Kraft oder Verschwörungstheorie» die demokratische Entwicklung des Landes stören könne, erklärte er über Twitter.
Beobachter rechnen mit einem sehr knappen Wahlausgang. Sollte Amtsinhaber Buhari verlieren und sich weigern, Abubakars Sieg anzuerkennen, könnte Gewalt drohen. Nach der umstrittenen Wahl 2011 waren rund 1000 Menschen bei Ausschreitungen ums Leben gekommen. 2015 hingegen war ein friedlicher Machtwechsel gelungen, nachdem Präsident Goodluck Jonathan seine Niederlage eingeräumt hatte.
Eine der grössten Herausforderungen für den neuen Präsidenten wird die Befriedung des Nordostens sein, wo islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram ihr Unwesen treiben. Dort sind rund zwei Millionen Menschen auf der Flucht vor den Fundamentalisten.
In Nigeria, Afrikas grösster Volkswirtschaft, leben fast 200 Millionen Menschen, wahlberechtigt sind 84 Millionen. Trotz Ölreichtums lebt die Mehrheit der Bevölkerung in extremer Armut. Rund 80 Millionen Menschen haben der Weltbank zufolge keinen regulären Zugang zu elektrischem Strom. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nur 53 Jahre (Deutschland: 81).