Recep Tayyip Erdogan soll den Getreide-Deal gerettet haben
Russland beteiligt sich wohl vor allem wegen Recep Tayyip Erdogan nun doch wieder am Getreideabkommen. Der Türken-Präsident mausert sich zum Putin-Flüsterer.
Das Wichtigste in Kürze
- Erdogan soll den Getreide-Deal zwischen Russland und der Ukraine gerettet haben.
- Der Türken-Präsident hat seine Rolle als Vermittler zwischen Moskau und Kiew gestärkt.
- Auch für sein Image im eigenen Land ist das Abkommen eine wichtige Errungenschaft.
Am Samstag setzte Russland überraschend das Getreideabkommen mit der Ukraine aus. Der Deal stand daraufhin mehrere Tage lang vor dem Scheitern. Moskau behauptete, ukrainische Drohnen hätten die russische Schwarzmeerflotte attackiert – Kiew bestritt einen Angriff.
Inzwischen hat sich die Lage glücklicherweise wieder entspannt. Wie das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilte, wolle man dem Abkommen wieder beitreten. Wesentlichen Anteil an diesem Sinneswandel des Kremls hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Der 68-jährige Politiker hatte sich in den vergangenen Monaten immer wieder als Vermittler zwischen den Konfliktparteien eingesetzt. So war etwa auch der Getreide-Deal nach monatelanger Blockade der Russen sein Erfolg. Entsprechend versuchte er daher, das Abkommen zu retten.
Am Montag griff nicht nur Erdogan selbst, sondern auch sein Verteidigungs- und sein Aussenminister zum Telefon. Die Minister sprachen mit ihren russischen Amtskollegen, der Präsident selbst wandte sich direkt an Putin. Nach dem Gespräch hiess es in einer Mitteilung des türkischen Kommunikationsministeriums, man könne eine «lösungsorientierte Zusammenarbeit» aufbauen.
Putin forderte «echte Garantien» von Kiew, um die «Vereinbarungen von Istanbul bezüglich der Getreideexporte strikt einzuhalten». Auf diese Forderung ist die Ukraine nun eingegangen. Wie das russische Verteidigungsministerium erklärte, habe Kiew zugesichert, den Seekorridor nicht für Kampfhandlungen gegen Russland zu nutzen.
Geplatzter Deal wäre für Recep Tayyip Erdogan schlecht gewesen
Dass sich Russland nun wieder am Getreide-Abkommen beteiligt, ist für Erdogan eine wichtige Errungenschaft. Einerseits kann er damit seine Rolle als Vermittler im Ukraine-Krieg stärken, andererseits profitiert davon das Image des türkischen Präsidenten im eigenen Land. Dort wird nächstes Jahr ein neues Parlament gewählt – und auch die Präsidentschaftswahlen stehen an.
Ein geplatzter Getreide-Deal zwischen Russland und der Ukraine wäre für Erdogan also ein heftiger Rückschlag gewesen. Doch auch für Kreml-Chef Putin stand einiges auf dem Spiel: Mit dem Beenden des Abkommens hätte er nämlich einen Streit riskiert mit dem Präsidenten eines der wenigen westlichen Länder, die Russland noch freundlich gegenüberstehen.
Als einziges Nato-Land trägt die Türkei etwa die Sanktionen nicht mit, die der Westen gegen Russland verhängt hat. Hinzu kommt, dass beide Staaten enge ökonomische Beziehungen zueinander pflegen. «Erdogan ist nahezu der einzige Staatenlenker, dem Putin annähernd vertraut», erklärt Russland-Experte Gerhard Mangott gegenüber «Focus online».