Reformer Peseschkian gewinnt Präsidentenwahl im Iran
Der gemässigte Politiker hat sich gegen seinen erzkonservativen Konkurrenten durchgesetzt. Im Wahlkampf forderte er Reformen und bessere Beziehungen zum Westen.
Das Wichtigste in Kürze
- Peseschkian erreichte laut der Wahlbehörde 53,7 Prozent der Stimmen.
- Im Wahlkampf warb er für neues Vertrauen zwischen Regierung und Volk.
Der moderate Politiker Massud Peseschkian hat die Präsidentenwahl im Iran in der zweiten Runde gewonnen. Das gab der Sprecher der Wahlbehörde am Morgen im Staatsfernsehen bekannt. Peseschkian erreichte demnach 53,7 Prozent, sein ultrakonservativer Herausforderer Said Dschalili 44,3 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag nach Worten der Wahlbehörde bei 49,8 Prozent.
Rund 61 Millionen Menschen waren am Freitag dazu aufgerufen, zwischen Peseschkian und Dschalili zu wählen. Die vorgezogene Wahl war nach dem Tod von Amtsinhaber Ebrahim Raisi angesetzt worden, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Die Wahllokale waren nach mehrmaliger Verlängerung durch das Innenministerium noch bis in die späten Abendstunden geöffnet.
Reformkandidat setzte auf bürgerliche Positionen
Peseschkian ist 69 Jahre alt und stammt aus dem Nordwesten. Während des Ersten Golfkriegs mit dem Nachbarland Irak absolvierte er ein Medizinstudium und diente zwischenzeitlich auch an der Front. Nach dem Krieg führte er seine Arbeit als Arzt fort und machte in der Millionenmetropole Tabris als Herzchirurg Karriere.
Im Wahlkampf warb der bisher eher unscheinbare Politiker für neues Vertrauen zwischen Regierung und Volk, das nach gescheiterten Reformversuchen, politischer Repression und einer Wirtschaftskrise von der Politik masslos enttäuscht ist. Wie viele Politiker des Reformlagers forderte er eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen, auch um das Land zu öffnen und die angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln.
Unter der zweiten Präsidentschaft Mohammed Chatamis (2001-2005) sammelte Peseschkian bereits Regierungserfahrung als Gesundheitsminister. Trotz seiner gemässigten Worte gilt er als Mann des Systems, stellte sich hinter die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den Angriff mit Drohnen und Raketen auf Israel. In den TV-Debatten bezeichnete er sich selbst als wertkonservativen Politiker, der jedoch Reformen für notwendig hält.
Nichtwähler haben Glauben an politische Veränderungen verloren
Bei der ersten Runde am vergangenen Freitag erreichte die Wahlbeteiligung nach offiziellen Daten mit rund 40 Prozent ein Rekordtief. Darin spiegelt sich die grosse Enttäuschung vor allem der jungen Generation, die den Glauben an grosse innenpolitische Veränderungen verloren hat. Der Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini im Herbst 2022 entfachte landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem.
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.