Niederlage für Regierung bei Parlamentswahl in Argentinien
Während das einst reiche Land in einer harten Wirtschaftskrise steckt, zerfleischt sich die Regierungskoalition in Richtungskämpfen. Dafür wird sie an den Urnen abgestraft.
Das Wichtigste in Kürze
- Die linke Regierung von Präsident Alberto Fernández hat bei der Parlamentswahl in Argentinien eine Schlappe hinnehmen müssen.
Sein Bündnis «Frente de Todos» («Front aller») kam nach Auszählung fast aller Stimmen am Montag auf gut 33 Prozent - ein Minus von rund zwölf Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren. Die konservative Bewegung «Juntos por el Cambio» («Gemeinsam für den Wandel») konnte sich leicht auf fast 42 Prozent verbessern. Viele Wähler waren nach Einschätzung von Kommentatoren mit der schlechten Wirtschaftslage und den Grabenkämpfen in der Regierung unzufrieden.
Damit verlieren Fernández' Peronisten erstmals seit der Rückkehr zur Demokratie 1983 die Mehrheit im Senat. Um Gesetze verabschieden zu können, ist die Regierungskoalition künftig auch auf Stimmen aus dem Lager der Opposition angewiesen. Die Wahl, bei der die Hälfte der Abgeordneten und ein Drittel der Senatoren neu bestimmt wurde, galt auch als Stimmungstest für die Regierung Argentiniens. 2023 steht die nächste Präsidentenwahl an.
Staatschef Fernández warb gleich nach der Schliessung der Wahllokale am Sonntag (Ortszeit) für ein breites Bündnis, um die drängenden Probleme des südamerikanischen Landes zu lösen. «Wenn wir die Herausforderungen meistern wollen, brauchen wir einen Konsens mit grossen Mehrheiten», sagte er in einer Ansprache. «Heute beginnt der zweite Teil unserer Amtszeit, und die Argentinier brauchen eine Perspektive. Wir haben ein Recht auf Hoffnung.»
Das 45 Millionen Einwohner zählende Land steckt in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Inflationsrate liegt bei über 50 Prozent, die Landeswährung Peso gibt gegenüber dem Dollar immer stärker nach. Inzwischen leben 42 Prozent der Bevölkerung des einst reichen Landes unter der Armutsgrenze.
Das Wahlergebnis war vor allem auch eine krachende Niederlage für Vizepräsidentin und Senatspräsidentin Cristina Kirchner. Die frühere Staatschefin (2007-2015) galt bislang als die eigentliche Strippenzieherin in der Regierung. Der Verlust der Senatsmehrheit dürfte Kirchners Position im internen Machtkampf nun schwächen.
Eines der drängendsten Probleme während des zweiten Teils der Amtszeit von Präsident Fernández dürfte die massive Schuldenlast sein. Argentinien steht allein beim Internationalen Währungsfonds (IWF) mit etwa 44 Milliarden US-Dollar in der Kreide. Im kommenden Jahr müssten rund 19 Milliarden Dollar getilgt werden, was das Land wohl kaum stemmen kann.
Fernández kündigte noch am Wahlabend eine Gesetzesinitiative an, um die Grundlage für Nachverhandlungen mit dem IWF zu schaffen. «Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen, um die enormen Schäden, die diese Verschuldung verursacht hat und deren Folgen mehrere Generationen belasten werden, so weit wie möglich zu beheben», sagte der Staatschef. Der Währungsfonds wird allerdings auf konkrete Massnahmen wie Senkung der Staatsausgaben und Subventionsabbau bestehen. Gerade bei den Anhängern der linken Regierung kommt das gar nicht gut an.