Regierungsgegner fordern Rücktritt von Boliviens Interimspräsidentin
Interimspräsidentin Jeanine Áñez gerät unter Druck. Tausende Anhänger des ins Exil geflohenen Ex-Staatschef Evo Morales forderten ihren Rücktritt.
Das Wichtigste in Kürze
- In Bolivien regiert Jeanine Áñez als Übergangspräsidentin.
- Doch auch sie wurde von Protestlern zum Rücktritt aufgerufen.
Tausende Anhänger des zurückgetretenen bolivianischen Staatschefs Evo Morales haben den Rücktritt von Interimspräsidentin Jeanine Áñez gefordert. Sie zogen am Donnerstag von der von Indigenen geprägten Stadt El Alto hinab zum Regierungssitz La Paz.
Sie trugen Särge mit den sterblichen Überresten von mehreren Opfern der jüngsten gewalttätigen Zusammenstösse und schwenkten bolivianische Flaggen sowie die Indigenen-Fahne Wiphala.
Morales war unter dem Druck von Militär und Polizei zurückgetreten, nachdem internationale Beobachter ihm Wahlbetrug bei der Präsidentenwahl vom 20. Oktober vorgeworfen hatten. Er setzte sich ins Exil nach Mexiko ab, in Bolivien übernahm eine Interimsregierung die Amtsgeschäfte.
Strassenblockaden von Morales-Anhängern
Die Anhänger des ersten indigenen Präsidenten des Landes blockieren seitdem wichtige Landstrassen, liefern sich Auseinandersetzungen mit der Polizei und fordern die Rückkehr von Morales. Bei den Krawallen kamen bislang 30 Menschen ums Leben.
Interimspräsidentin Áñez will nun Neuwahlen organisieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird derzeit im Parlament des südamerikanischen Landes diskutiert.
Ex-Staatschef Morales hat die Interimspräsidentin bereits heftig kritisiert. «Sie hat sich selbst zur Präsidentin ausgerufen, die Militärs haben ihr die Schärpe umgehängt. Das ist keine Übergangsregierung, sondern eine Diktatur», sagte Morales dem «Spiegel» vom Donnerstag. Bei der für Januar angesetzten Neuwahl habe er zwar das «Recht zu kandidieren». Wenn es der Befriedung des Landes «dienlich» sei, verzichte er aber.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) forderte in einer Resolution zuletzt ein sofortiges Ende der Gewalt und baldige Neuwahlen.