Schweizer Bauern erlebten die Buschfeuer in Australien hautnah mit
Das Wichtigste in Kürze
- Zehntausende haben bisher in den Buschbränden in Australien ihr Hab und Gut verloren.
- Betroffen sind mit Heidi und Hausi Tribolet auch Schweizer Bio-Bauern im Osten des Landes.
- Nau hat mit dem Ehepaar über eine Horror-Nacht im November gesprochen.
Der Südosten von Australien steht in Flammen. In den Bundesstaaten New South Wales und Victoria wüten aktuell fast 200 Buschbrände. Landesweit starben bisher 21 Menschen, Zehntausende haben in den Flammen ihr Hab und Gut verloren.
Dieses Schicksal drohte vor einigen Wochen auch den Schweizer Bio-Bauern Heidi (67) und Hans Tribolet (70). In der Nähe ihrer Farm am Fusse von Mount Lindesay, im Osten Australiens (siehe Karte), tobte nämlich seit Anfang November ein grosses Buschfeuer.
Ständig in Alarmbereitschaft beobachteten sie damals die Entwicklung der Flammen über zwei Wochen hin. Bis am 15. November die Hiobs-Botschaft der Feuerwehr folgte:
«Der Brand lässt sich nicht mehr aufhalten – sofortige Evakuierung!» Heidi machte sich sofort auf den Weg ins nahegelegene Dorf, Hans blieb zurück.
Er wollte den im März 1995 gekauften Hof nicht kampflos aufgeben. Zusammen mit 40 Feuerwehrleuten stellte er sich den bis zu 30 Meter hohen Flammen entgegen.
«Es war wie in einem Film.»
«Es war wie in einem Film – und der Hauptdarsteller war das Feuer», beschreibt Hans die Horror-Erfahrung. Er zeichnet ein Bild, das erschaudern lässt: «Es war so heiss, dass sogar die Fliegengitter an den Fenstern wegschmolzen und so laut, als ob drei Güterzüge gleichzeitig durch einen Bahnhof fuhren.»
Nie hätte er sich träumen lassen, jemals in eine solche Situation zu geraten, sagt Hans. Und Heidi? Ihr waren die Hände gebunden! Sie wartete im Dorf auf Neuigkeiten und stand per Telefon in regem Kontakt mit den zwei erwachsenen Kindern und deren Familien. Wie es ihrem Hausi erging, das wusste sie zu diesem Zeitpunkt nicht.
«Am nächsten Morgen versuchte ich ihn anzurufen, doch immer wieder hörte ich nur das Besetztzeichen», so Heidi. Was sie nicht wissen konnte, die Telefonverbindung zum Hof, war dem Feuer zum Opfer gefallen.
Als sie sich dann auf den Weg zur Farm begab, machte sich bei Heidi ein «mulmiges» Gefühl breit. Glücklicherweise verflog dieses schnell wieder, denn von weitem schon erspähte sie ihren Hausi.
«Haben Glück gehabt»
Dieser war zu diesem Zeitpunkt immer noch damit beschäftigt, kleine Feuer zu löschen, die immer wieder durch herumfliegende Glut entfacht wurden. «Sogenannte Spotfire, vielleicht 10 bis 20 Zentimeter hoch», erklärt Hans.
Heidi sollte erfahren, dass ihr Mann seit 21 Uhr im Dauereinsatz gestanden war. Die Feuerwehr musste nämlich zu diesem Zeitpunkt abziehen; auch andere Bauern in der Umgebung brauchten Unterstützung.
Es war in diesem Moment der Wiedervereinigung, in dem den Beiden klar wurde: «Wir haben Glück gehabt.» Ihr Haus und diverse Hof-Schuppen waren vom Feuer grösstenteils verschont geblieben – und auch der Gemüsegarten konnte gerettet werden.
Doch die Verluste sind keinesfalls gering: 19 der 100 Kühe sind ums Leben gekommen, die Wasserpumpe, sämtliche Wasserleitungen, zwei grosse Benzingeneratoren, alles verbrannt.
Die Eucalyptusplantagen – «97'000 Bäume», erläutert Hausi, «komplett verkohlt!» Ausserdem, und das sei finanziell gesehen das Schlimmste, waren über 20 Kilometer Zaun nicht mehr zu retten.
Das lange Warten auf den Regen
Die Horror-Nacht liegt inzwischen knapp sechs Wochen zurück, doch noch immer brennt es im Wald vereinzelt weiter. Alle paar Tage höre man einen Baum fallen, sagt Hausi.
Regen sei deshalb dringend nötig! Dann werde sich nämlich auch zeigen, ob die Eucalyptusplantagen überlebt hätten. Doch auf den Regen, auf den warten die Farmer in der Region nicht erst seit den Buschfeuern.
Australien ächzt unter der schlimmsten Trocken-Periode der Geschichte. Der Stausee von Hans und Heidi ist nach 14 Monaten ohne Regen beinahe leer. Für die verbliebenen Kühe reicht das Wasser wohl noch knapp einen Monat. «Kommt bis dann kein Regen, müssen wir die Tiere verkaufen», sagt Hans.
Ein weiteres Problem für die Schweizer Bauern: Es fehlt wegen des verheerenden Brandes an Futter für die Herde. Das Heu müsse eingekauft werden, doch die Nachfrage übersteige das Angebot.
Das könnte zur Folge haben, dass sich die Kühe deshalb – und wegen des zurzeit fehlenden Grenzzaunes – in den nebenan liegenden Nationalpark aufmachen werden.
«Dieser hat eine Fläche, so gross wie die Schweiz. Wenn die Kühe sich dorthin bewegen sollten, dann sind sie weg», fasst Hans zusammen.
Spendenaufruf der Tochter
Die Schweizer Bio-Bauern Heidi und Hans Tribolet, die 1981 «mit wenig Geld und zwei jungen Kindern» nach Australien ausgewandert waren, hatten beim Buschfeuer-Horror von Australien «verhältnismässig» Glück im Unglück.
Ihnen ist es wichtig, dass dieser Umstand festgehalten wird. «No complaining, nicht beschweren», erwähnt Hans mehrere Male während des Gesprächs. Und Heidi sagt immer wieder: «Andere hatten weniger Glück».
Trotzdem dürfte klar sein, dass ein solcher Schicksals-Schlag seine Spuren hinterlässt – und ein finanzielles Loch! Besonders teuer ist der Wiederaufbau des 21 Kilometer langen Zauns. Pro Meter kostet dieser umgerechnet rund 10 Franken, Gesamtkosten: knapp 200'000 Franken.
Tochter Nicole, die in Samford, knapp zweieinhalb Stunden Fahrzeit von ihren Eltern entfernt wohnt, hat deshalb einen Spendenaufruf auf «gofundme.com» gestartet.
Dabei beschreibt sie die dramatischen Tage und Wochen, die Heidi und Hans Tribolet seit dem Buschfeuer erlebt haben – und hofft auf Anteilnahme. Denn die Aufgabe, den kompletten Zaun wiederaufzubauen, schreibt Nicole, die sei «überwältigend».
Eine «überwältigende» Aufgabe, die der optimistische Hans übrigens bereits in Angriff genommen hat. «Take one day at a time. Wir nehmen einen Tag nach dem anderen», sagt der 70-Jährige, der glücklicherweise viel Unterstützung von freiwilligen Helfern erhält.
Genau diese Unterstützung sei in solchen Zeiten ungemein wichtig, erklärt Heidi und fügt an, dass besonders in abgelegenen Orten Australiens viel Wert auf Gemeinschaft gelegt werde. «Man hilft sich, wo man kann. Die Menschen hier sind absolutely amazing, absolut wunderbar!»
Möchten Sie Heidi und Hans Tribolet beim Wiederaufbau ihrer Farm in Australien helfen? Dann folgen Sie diesem Link!