Schwere Gefechte nach IS-Grossangriff auf Gefängnis in Afghanistan
Das Wichtigste in Kürze
- IS-Kämpfer starteten einen Angriff auf ein afghanisches Gefängnis.
- Dabei soll es mindestens 39 Tote und etwa 50 Verwundete gegeben haben.
- Rund 2200 IS-Kämpfer operieren laut UN in Afghanistan.
Einen Tag nach der Tötung eines hochrangigen Anführers der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) durch Spezialkräfte haben IS-Kämpfer am Sonntag einem Grossangriff auf ein Gefängnis in Afghanistan begonnen. Am Montag gingen die Kämpfe unvermindert weiter.
Mindestens 39 Menschen seien bei dem Angriff in Dschalalabad, der Hauptstadt der Provinz Nangarhar, getötet und 50 weitere verwundet worden, teilte ein Provinzsprecher am Montag mit.
Unter den Opfern seien Zivilisten, Gefängnisinsassen und Sicherheitskräfte. Zudem wurden zehn Angreifer getötet, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Bereits am Sonntagabend bekannte sich der IS zu dem Anschlag.
Mehrere Hundert Gefängnisinsassen sollen IS-Kämpfer gewesen sein
Die Angreifer zündeten am Sonntagabend zunächst eine Autobombe und stürmten dann das Gefängnis. Die Gefechte dauerten rund 23 Stunden, bevor Spezialkräfte die Lage am frühen Montagabend unter Kontrolle brachten. Der Generalstabschef der Streitkräfte, Mohammed Jasin Sia, führte die Militäroperation. Die IS-Kämpfer verschanzten sich zeitweise im Gefängnis und in Gebäuden in der Nähe.
Wie viele Insassen nach der Attacke aus dem Gefängnis fliehen konnten, blieb zunächst unklar. Mehr als 1000 der rund 1800 Inhaftierten seien nach einem Fluchtversuch wieder festgenommen worden, sagte ein Provinzsprecher. Mehrere Hundert Insassen in der Haftanstalt in Dschalalabad sollen Kämpfer des IS gewesen sein.
Rund 2200 IS-Kämpfer in Afghanistan
Am Samstag hatte Afghanistans Inlandsgeheimdienst den Tod des IS-Anführers Assadullah Oroksai verkündet, der von Spezialkräften in der Nähe von Dschalalabad getötet worden sei. Im April hatten Spezialkommandos den Anführer des IS-Ablegers in Afghanistan, Aslam Faruki, festgenommen.
Nangarhar galt einst als Hochburg des IS in Afghanistan, bevor Afghanistan Ende 2019 den militärischen Sieg über die Terroristen verkündet hatte. Dennoch verübt der IS immer wieder Anschläge im Land. Laut einem Bericht des UN-Sicherheitsrats operieren rund 2200 IS-Kämpfer in Afghanistan. Experten gehen davon aus, dass der IS nach einem möglichen Friedensschluss der militant-islamischen Taliban mit der afghanischen Regierung Zulauf von Taliban-Kämpfern erhalten könnten, die eine Einigung mit der Regierung ablehnen.
Friedensgespräche sind geplant
Die aufständischen Taliban wiesen nach dem Angriff auf das Gefängnis jede Verantwortung von sich. Für das Opferfest Eid al-Adha hatten sie sich mit Kabul auf eine landesweite, dreitägige Feuerpause geeinigt, die bis auf wenige Zwischenfälle eingehalten wurde. Seit Monaten planen Afghanistans Regierung und die Taliban Friedensgespräche. Doch um Streit um einen Gefangenentausch waren diese ins Stocken geraten. Der Konflikt im Land geht indes weiter.
Die USA hatten mit den Taliban am 29. Februar in Doha (Katar) ein Abkommen unterzeichnet. Es sieht einen Abzug der internationalen Truppen sowie einen Gefangenenaustausch als vertrauensbildende Massnahme vor und soll den Weg für innerafghanische Friedensgespräche bereiten. Im Gegenzug versicherten die Taliban, ihre Beziehungen mit anderen Terrororganisation zu beenden. Laut einem Bericht des UN-Sicherheitsrats bestehen aber immer noch Verbindungen zu Al-Kaida.