Skandal am K2: Silvia (37) stieg über toten Helfer
Ein Hochträger liegt verletzt im Schnee, Bergsteiger klettern um ihn herum, um zum Gipfel zu kommen. Der Vorfall am K2 sorgt für Entsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein pakistanischer Hochträger starb bei der Besteigung des zweithöchsten Berges der Welt.
- Nach seinem Sturz wurde er von unzähligen Bergsteigern ignoriert.
- Sein Tod löst bei einem österreichischen Bergsteiger Entsetzen aus.
Der K2 im Karakorum-Gebirge an der Grenze zwischen China und Pakistan ist mit 8611 Metern der zweithöchste Berg der Welt. Jährlich versuchen unzählige Bergsteiger, den Gipfel zu erklimmen.
Doch der Weg bis zur Spitze ist schwer. 95 Menschen starben bisher beim Versuch, den K2 zu bezwingen. Mit Mohammad Hassan hat der Berg nun sein 96. Todesopfer gefordert.
Das Tragische: Der Tod des pakistanischen Hochträgers wäre wohl vermeidbar gewesen. Der österreichische Bergsteiger Wilhelm Steindl schildert im «Standard», was sich am 27. Juli unterhalb des Gipfels zugetragen hat.
So sei der unerfahrene Hochträger beim Aufstieg auf etwa 8200 Metern gestürzt. Er hing eine Dreiviertelstunde kopfüber im Seil, bevor ihm jemand half.
Steindl schockiert über Ignoranz
«Über die Erzählung von drei unterschiedlichen Augenzeugen kann ich berichten, dass dieser Mann noch gelebt hat. Während etwa 50 Leute an ihm vorbei gestiegen sind», erzählt Steindl.
Aufgrund der Sturzstelle, die als Flaschenhals gilt, war eine Rettung schwierig, aber nicht unmöglich. Steindl ist schockiert: «Er ist dort elendig verreckt. Es hätte nur drei, vier Leute gebraucht, um ihn runterzubringen.»
Steindl selbst kletterte nicht an der Unfallstelle vorbei. Er hatte den Aufstieg an diesem Tag früh abgebrochen, die Verhältnisse waren zu gefährlich.
Zwei Lawinen waren bereits abgegangen. Er habe erst im Basislager auf Videomaterial die schrecklichen Szenen entdeckt.
Trotz der schwierigen Bedingungen hätten dennoch rund 200 Bergsteiger und Sherpas den Weg unternommen. Wegen des sich verschlechternden Wetters wäre eine spätere Besteigung nicht möglich gewesen.
Die Bulgarin Silvia Azdreeva (37) war vor Ort. Sie erzählt gegenüber «Explorersweb» von fünf Lawinen, die niedergingen. Sie selbst sei diesen knapp entkommen. «Später aber starb eine Person vor unseren Augen. Erst lebte er noch, auf dem Weg runter mussten wir aber über seine Leiche auf der Eiskante springen.»
Sie ging weiter: Bergsteigerin rechtfertigt sich
Dass sie auf dem Weg nach oben einfach weiterging, rechtfertigt sie so: «Da oben gibt es niemanden, der dich so schnell retten kann. Du musst tagelang warten.»
Die bekannte Bergsteigerin Lakpa Sherpa relativiert gegenüber «Explorersweb»: «Vor seinem Unfall sagten ihm einige Sherpas mehrmals, er solle zurückgehen.» Grund: Seine Kletterausrüstung und Kleidung waren sehr dürftig. «Aber er wollte nicht hören.»
Dazu, wie der Bergsteiger ums Leben kam, hat sie eine Vermutung: Womöglich habe er sich aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr bewegen können. Zudem sei es unglaublich schwer, jemanden von der betroffenen Stelle zu bergen.
Rekord-Norwegerin auch am Berg
Ebenfalls vor Ort war die Norwegerin Kristin Harila, die zu dem Zeitpunkt auf Rekordjagd war. Sie wollte alle 14 Achttausender in 92 Tagen besteigen – was ihr auch gelang.
Für ihren Rekord erntete sie aber auch Kritik. Denn sie setzte dafür auf unzählige Helfer, Flaschensauerstoff und Shuttle-Helis zu den Basislagern.
Steindl sagte zur Zeitung: «Was da passiert ist, ist eine Schande. Da wird ein lebender Mensch liegengelassen, damit Rekorde erzielt werden können.»