So trifft die Coronakrise die Rohingya in Bangladesch
Seit 2017 leben fast eine Million Rohingya in Flüchtlingslagern in Bangladesch. Das Coronavirus verschlechtert die Lage zusätzlich.
Das Wichtigste in Kürze
- In den Rohingya-Flüchtlingslagern sind die Corona-Fallzahlen gering.
- Durch die Krise sind die Einkommen der Rohingya weiter geschrumpft.
Die Corona-Krise ist global. Auch vor den Rohingya-Lagern in Bangladesch macht das Coronavirus keinen Halt.
Je nach Schätzung leben bis zu einer Million Menschen in den 34 Camps. Und nah beieinander: Pro Quadratkilometer rund 70'000 Geflüchtete.
Zum Vergleich: Auf dem Kreuzfahrtschiff «Diamond Princess», das 2020 wegen eines Covid-Ausbruches Schlagzeilen machte, waren die Menschen dreimal weniger dicht aufeinander.
Social Distancing ist fast unmöglich. Die Zeichen für einen massiven Corona-Ausbruch in den Rohingya-Lagern standen schlecht. Heute zeigt sich: Im Vergleich sind die Fallzahlen gering.
Weniger Fälle als in der Schweiz
Während der dritten und vierten Januar-Woche dieses Jahres wurden 381 Menschen in den Flüchtlingslagern positiv auf das Coronavirus getestet. Pro 100'000 Personen macht das 43 Fälle. Die Zahl ist damit rund halb so hoch wie in der Schweiz.
Die Covid-Fälle in den Lagern sind auch seltener als in Bangladesch selbst. Dort wurden Ende Januar 240 Fälle pro 100'000 Einwohner gemeldet.
«Erst dachten wir, die Rohingya wollen sich nicht testen lassen», sagt Sebastian Zug vom Hilfswerk Heks. Er wurde schnell eines Besseren belehrt.
Tiefe Positivitätsrate bei Rohingya
Tief ist nicht nur die Fallzahl, sondern auch die Positivitätsrate. Bei den Rohingya lag der Wert zuletzt bei 1,4 Prozent, in ganz Bangladesch hingegen bei 10 Prozent.
Wie kommt es dazu? Eine einfache Antwort gibt es nicht, aber verschiedene Indizien. So hat die Regierung in Bangladesch früh einen Lockdown über die Flüchtlingslager verhängt.
«Die Arbeit der NGO hatte sicher einen Einfluss», glaubt Zug. Heks hat etwa Hygienekits und Hygienepakete zur Verfügung gestellt, aber auch Waschtrainings angeboten.
Wissenschaftlich ist nicht erhoben worden, warum die Ansteckungen in den Camps verhältnismässig gering sind. Auch die Tatsache, dass die Lager nicht in geschlossenen Räumen sind, dürfte mitgespielt haben.
Lage hat sich verschlechtert
Auch wenn die Fallzahlen nicht explodiert sind, hat sich die Situation verschlechtert. Die Flüchtlinge werden in den Lagern durch das Nahrungsmittelhilfe des Welternährungsprogramms versorgt, haben aber auch zusätzliches Einkommen. So können sie teilweise im Camp oder in der Umgebung arbeiten.
Während des Lockdowns wurden aber deutlich weniger Arbeitskräfte benötigt. Dadurch sank das Einkommen der Rohingya. Darunter litt auch die Ernährung. Selbst jetzt ohne Lockdown sieht die Einkommenssituation schlechter aus als vor der Corona-Krise.
In Bangladesch sind bereits über 2 Millionen Impfdosen verabreicht worden. Rohingya gingen aber bisher leer aus. Verhandlungen zwischen der UN und der lokalen Regierung laufen.
Hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya sind 2017 aus dem Nachbarland Myanmar vor Militärgewalt nach Bangladesch geflüchtet. Die Lage hat sich seither in der Heimat nicht verbessert.
In der Nacht auf den 1. Februar hat die Armee die rechtmässige Regierung gestürzt. Die Regierungschefin Suu Kyi befindet sich unter Hausarrest.