Ukraine-Krieg: Putin hetzt Russen mit Hotline auf «Verräter»

Simon Binz
Simon Binz

Russland,

Im Ukraine-Krieg sind normale Russen dazu aufgerufen, Kritiker zu denunzieren. Dafür wurde auf Telegram eigens eine Hotline eingerichtet.

Wladimir Putin Ukraine-Krieg
Wladimir Putin lässt in Russland keine Kritik am Ukraine-Krieg zu. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • In Russland ist jegliche Kritik am Ukraine-Krieg verboten und wird brutal bestraft.
  • Die Behörden haben sogar eine Hotline eingerichtet, um kritische Bürger zu melden.
  • Das Vorgehen wird mit der «Grossen Säuberung» in der Stalin-Zeit verglichen.

Wer sich in Russland gegen den Ukraine-Krieg stellt, dem droht Ungemach. Doch längst sind nicht nur Menschen in Gefahr, die in aller Öffentlichkeit zu ihrer Meinung stehen. Laut Berichten wurden nämlich normale Russen dazu aufgerufen, Kriegskritiker zu verpetzen.

Der Kreml hat demnach Bürgern in mehrere Regionen SMS-Anweisungen gesendet, wie sie sich gegenseitig denunzieren können. Abweichenden Stimmen droht Knast. Möchtegern-Informanten steht ein eigener Kanal, sozusagen eine Hotline, auf Telegram zur Verfügung.

Ukraine-Krieg
Ein Teilnehmer eines Protests gegen den Ukraine-Krieg wird in Moskau verhaftet. - Keystone

Der «Sunday Telegraph» berichtet von einem Fall einer jungen Verkäuferin(22), die diese Woche 24 Stunden in Haft verbrachte. Sie hatte zu einem Fremden in einer Moskauer Bar gesagt, dass sie mit dem Ukraine-Krieg nicht einverstanden sei.

«Es war nur ein Geplauder... er war sehr verärgert, dass wir seine Meinung nicht teilten und fing an zu streiten. Er behauptete, dass Putin und der Krieg der richtige Weg seien.» Der Mann sei schliesslich aus der Bar geworfen worden, doch innerhalb einer Stunde kreuzte die Polizei auf.

Ukraine-Krieg
Russland setzt im Ukraine-Krieg auf Kontrolle der eigenen Bevölkerung. Kritik und Proteste werden nicht akzeptiert. - Keystone

Die junge Frau und ihre Freunde wurden gebeten, die Bar zu verlassen. «Sie waren wegen uns gekommen», sagt sie und fügt an: «Wir verbrachten eine Nacht im Gefängnis und erhielten eine Busse wegen ‹Diskreditierung der russischen Streitkräfte›».

Ukraine-Krieg: Vorgehen mit Stalin-Zeit verglichen

Ein weiterer Fall spielte sich laut dem «Telegraph» in einer Schule in Zentralrussland ab. In Penza hatten Schüler heimlich Antikriegskommentare ihrer Lehrerin aufgezeichnet, und sie anschliessend bei den Behörden verpetzt.

Andere Beispiele von Angeschwärzten: Eine Frau in Sibirien schmückte einen Baum in den Farben der Ukraine. Ein Moskauer Mann entfaltete eine ukrainische Flagge in seinem Fenster. Ein Polizist wurde dabei belauscht, wie er den Ukraine-Krieg kritisierte.

Ukraine-Krieg
Josef Stalin, Leader der Sowjetunion, auf einem Spaziergang auf dem historischen Roten Platz in Moskau im Jahr 1932 (Archiv). - Keystone

Die Fälle wurden demnach von der russischen Menschenrechtsorganisation OVD-Info aufgezeichnet. Die Leiterin der Rechtsabteilung der Gruppe, Alexandra Baeva, verglich das Vorgehen mit der Stalin-Diktatur. «Die Menschen haben Angst und schwärzen sich gegenseitig an.»

Joseph Stalin setzte seine Geheimpolizei (NKWD) ein, um jeden zu eliminieren, der sich gegen die kommunistische Partei aussprach. Mehr als eine Million Menschen wurden zwischen 1936 und 1938 in den Gulag geschickt. Die Zeit ist als «Grosse Säuberung» bekannt.

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