Ukraine-Krieg: Russische Stadt befürchtet, dass Ukrainer eindringen
Der fluchtartige Rückzug der russischen Armee bei Charkiw hat im Ukraine-Krieg auch Folgen für die russische Grenzregion Belgorod.
Das Wichtigste in Kürze
- Die südrussische Stadt Belgorod spürt die Konsequenzen der ukrainischen Gegenoffensive.
- Viele Menschen sind dorthin geflüchtet, mehrmals täglich dröhnt die Luftabwehr.
- Die Einwohner der grenznahen Stadt fragen sich: Kann der Krieg in unsere Region gelangen?
Der Ukraine-Krieg ist im südrussischen Belgorod nicht mehr zu ignorieren. Die russischen Soldaten, die sich vor dem ukrainischen Gegenangriff zurückziehen, sind in den letzten Tagen zahlreicher geworden.
Laut dem britischen «Guardian» dröhnt in der Stadt, die nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt liegt, mehrmals täglich die Luftabwehr. Die Stadt ist zudem wieder voller Flüchtlinge und an der Grenze stehen sich russische und ukrainische Soldaten in Sichtweite gegenüber.
Wie die Zeitung schreibt, geht den Menschen in Belgorod deshalb seit dem Zusammenbruch der russischen Front in Charkiw eine dunkler Frage durch den Kopf: Kann der Krieg in unsere Region gelangen?
Einwohner: «Wir müssen bereit sein»
In Belgorod sind die Signale von Krieg und Spannung klar zu erkennen. Oleg, ein ursprünglich aus der Ukraine stammender Gastronom, hat Sperrholzplatten gekauft, falls er die Fenster seines Restaurants abdecken muss. Sein Geschäftspartner Denis hat in seinem Hinterhof einen Luftschutzbunker gebaut und seine Grossmutter aus einer von Russen besetzten Stadt in der Ostukraine evakuiert.
Denis sagt gegenüber dem «Guardian», er hoffe, dass die Spannungen nachlassen – aber er treffe auch Vorkehrungen. «Niemand erwartet, dass es hierher kommt», ergänzt Oleg, «aber wir müssen bereit sein.»
«Man spürt den Krieg hier auf eine Weise, wie man ihn in anderen Städten nicht spürt», sagt auch Andrei Borzikh, ein Anwalt für Insolvenzrecht, der Zielfernrohre und andere Ausrüstung für die russische Armee per Crowdfunding finanziert.
Belgorod bereitet sich auf einen langen Konflikt vor
Die Ukraine hat bisher keinerlei Anzeichen dafür gegeben dass sie beabsichtigt, die Grenze zu überschreiten oder mehr zu tun, als von Russland besetztes Territorium zurückzuerobern. Doch trotzdem bereitet sich Belgorod entsprechend vor.
Es gibt Berichte, wonach die Stadt geplante Evakuierungen von örtlichen Schulen und grossen Einkaufszentren plant – offenbar im Falle von Beschoss oder Bombendrohung. Schulen in Grenznähe wurden bereits vorübergehend geschlossen. Der Gouverneur von Belgorod hatte vergangene Woche zudem erneut einen Anordnung erlassen, mit der die örtlichen Behörden aufgefordert werden, ihre Luftschutzbunker zu überprüfen.
Die Stadt versteht, dass der Ukraine-Krieg in ihrer Region derzeit für die Russen nicht gut läuft. Laut dem «Guardian» bereiten sich die Menschen in Belgorod deshalb auf einen langen Konflikt vor, der viel näher gekommen ist, als sie jemals erwartet hätten.