Verzweifelte Hilferufe nach Islamistenattacke in Mosambik

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Mosambik,

Islamistische Terror-Milizen wüten tagelang in einer Küstenstadt von Mosambik in Südostafrika. Das ganze Ausmass der brutalen Attacke sickert erst langsam durch. Es sind schockierende Berichte.

Die undatierte Aufnahme von Google Earth zeigt den Ort Palma in der Provinz Cabo Delgado. Foto: -/Google/dpa
Die undatierte Aufnahme von Google Earth zeigt den Ort Palma in der Provinz Cabo Delgado. Foto: -/Google/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Verängstigt, verzweifelt und traumatisiert: Rund um die seit einer Woche umkämpfte Küstenstadt Palma in Nordmosambik bergen Retter immer mehr Menschen aus dem dichten Busch.

«Viele legen Steine zu grossen SOS-Zeichen zusammen, damit wir sie aus der Luft erkennen», berichtete Max Dyck am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Der Südafrikaner und die von ihm geführte Sicherheitsfirma Dyck Advisory Group (DAG) ist mit insgesamt fünf Helikoptern vor Ort. Nachdem viele ausländische Kontraktarbeiter vom nahegelegenen Erdgasprojekt in Sicherheit gebracht wurden, sind es nun vor allem mosambikanische Flüchtlinge, die evakuiert werden.

Viele Menschen harren weiter in ihren Verstecken aus. «Die Kämpfe gehen unvermindert weiter - wir selbst sind auch wiederholt unter starken Beschuss geraten», sagte Dyck, der von einem sehr gut vorbereiteten und durchgeführten Angriff spricht. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte in einem am Montag verbreiteten Bekennerschreiben erklärt, ihre Kämpfer hätten die Kontrolle über die strategisch wichtige Stadt übernommen und mehr als 55 mosambikanische Sicherheitskräfte getötet. Die Regierung in Maputo hatte am Wochenende lediglich von mindestens sieben Getöteten gesprochen, hält sich aber seitdem zurück mit offiziellen Angaben.

Auch die Vereinten Nationen schlagen Alarm wegen der humanitären Lage nach den schweren Kämpfen um die Küstenstadt an der Grenze zu Tansania. Mit Hinweis auf einen Mangel an gesicherter Information aus dem komplett abgeschnittenen Palma erklärte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Andrej Mahecic, am Dienstag in Genf: «Viele Männer, Frauen und Kinder sind aus ihren Wohnungen in den benachbarten Busch geflohen; andere haben Palma verlassen, um in anderen Regionen Schutz zu finden, während Dutzende andere nach den Berichten während der Attacke getötet wurden». Flüchtlinge berichteten von extremer Brutalität der Angreifer gegen Zivilisten.

Laut UNHCR gibt es zudem Berichte über Mosambikaner, die verzweifelt die Grenze nach Tansania überqueren wollten. Das UN-Nothilfebüro Ocha warnte, dass der Konflikt die ohnehin schon angespannte Lage in einer Region erschwere, wo mehr als 1,3 Millionen Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Ebenso wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) äusserte sich die UN-Behörde extrem besorgt über die Instabilität und Gewalt in Palma.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef berichtete über traumatisierte Kinder, die zum Regionalflughafen Pemba ausgeflogen wurden. «Es gab schreckliche Szenen; ein etwa fünfjähriges verletztes Mädchen wurde schreiend vor Schmerz aus dem Flieger getragen - wir können sein Alter nicht bestimmen, da es vor lauter Trauma nur seinen Vornamen nennen konnte», berichtete Unicef-Sprecherin Marixie Mercado. Eine 13-Jährige werde wegen einer Schusswunde operiert. «Wir haben bereits erfahren, dass weitere Kinder kommen werden - wie viele wissen wir nicht», betonte Mercado am Dienstag bei einem Briefing in Pemba.

«Die Situation vor Ort ist weiterhin sehr flüchtig und dynamisch und es ist nur wenig Information verfügbar», betonte die IOM. Ihren Mitarbeitern vor Ort hätten Flüchtlinge berichtet, wie sie beim Töten von Familienmitgliedern zusehen mussten. Andere wüssten nicht, ob den Angehörigen die Flucht gelungen sei und wohin sie ohne jegliche Habseligkeiten geflohen seien. Viele Häuser seien zerstört worden. Die Organisation geht von zahlreichen weiteren Flüchtlingen aus.

Seit Mittwoch wüten mehr als 100 Extremisten in dem Ort. Er befindet sich in der gasreichen Provinz Cabo Delgado im Nordosten Mosambiks, wo Frankreichs Energiekonzern Total an einem knapp 17 Milliarden Euro teuren Flüssiggasprojekt beteiligt ist. Er hatte gut 1000 Mitarbeiter von einem benachbarten Erdgasprojekt in Sicherheit gebracht. In Cabo Delgado verüben islamistische Rebellen seit 2017 brutale Angriffe. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk hat die Gewalt mehr als 530.000 Menschen vertrieben. Die Rebellion hat Experten zufolge ihre Wurzeln in den Missständen und Klagen der Bewohner der Region, die sehr arm ist und jahrelang von der Regierung vernachlässigt wurde.

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