Die von der Regierung geplante und umstrittene Justizreform soll am Montag dem Parlament vorgelegt werden.
Israelische Demonstranten schwenken Fahnen während eines Protestes gegen die umstrittene Justizreform. Foto: Ilia Yefimovich/dpa
Israelische Demonstranten schwenken Fahnen während eines Protestes gegen die umstrittene Justizreform. Foto: Ilia Yefimovich/dpa - sda - Keystone/dpa/Ilia Yefimovich

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Samstag haben laut Organisatoren 360'000 Menschen gegen die Reform demonstriert.
  • Allein in Tel Aviv seien 140'000 Menschen gegen die Justizreform auf die Strasse gegangen.
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Vor einer kritischen Abstimmung im Parlament haben in Israel die Demonstrationen gegen die von der Regierung geplante Justizreform zugenommen. Am Samstag versammelten sich laut Organisatoren landesweit rund 360'000 Menschen.

Allein in der Küstenstadt Tel Aviv waren es Medienberichten zufolge mehr als 140'000 Demonstranten. Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte im März die Pläne nach massivem Druck zunächst gestoppt. Vor drei Wochen jedoch in etwas abgeschwächter Form wieder auf die Agenda gesetzt.

Am Montag soll ein Teil zur Schwächung der Justiz in erster Lesung dem Parlament vorgelegt werden. Dem Höchsten Gericht soll es demnach künftig nicht mehr möglich sein, eine Entscheidung der Regierung als «unangemessen» zu bewerten. Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung hochrangiger Posten begünstigen könnte. Die Regierung wirft den Richtern vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen.

Anfang des Jahres hatte das Höchste Gericht die Ernennung des Vorsitzenden der Schas-Partei, Arie Deri, zum Innenminister als «unangemessen» eingestuft. Grund dafür war dessen kriminelle Vergangenheit. Daraufhin musste Netanjahu seinen Vertrauten entlassen. Beobachter erwarten, dass die Regierung dies wieder rückgängig machen will.

Zur Verabschiedung des Gesetzes sind drei Lesungen notwendig. Da Netanjahus Regierung im Parlament eine Mehrheit hat, wird damit gerechnet, dass das Gesetz bis Ende des Monats gebilligt wird.

Der frühere Regierungschef Ehud Barak schrieb in einem «Haaretz»-Gastbeitrag, Israel befinde sich in der schwersten Krise seiner Geschichte. Und er warnte davor, dass das Land kurz davorstehe, zu einer «De-facto-Diktatur» zu werden.

Massiver Widerstand angekündigt

Die Verabschiedung des Gesetzes könnte sich auch auf die Sicherheit Israels auswirken. Hunderte Reservisten des Militärs drohten in dem Fall, ihren Dienst nicht mehr antreten zu wollen. Aus Protest versammelten sich Dutzende in der Nacht zum Sonntag vor dem Haus von Verteidigungsminister Joav Galant. Sie forderten ihn auf, sich gegen die Pläne zu stellen.

Die Organisatoren der Proteste riefen derweil für Dienstag zu einem «Tag der Störung» auf: Sie drohten mit einem «nie dagewesenen Widerstand». Auch am internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv soll es am Nachmittag eine Kundgebung geben. Die Protestbewegung ist eine der grössten in der Geschichte Israels, einem Land mit rund 9,4 Millionen Einwohnern. Und sie umfasst breite Gesellschaftsteile.

Mehrere Unternehmen der Hightech-Branche, die dort als treibender Motor der Wirtschaft gilt, kündigten an, ihren Angestellten für die Demonstrationen freizugeben. Die Einkaufzentrums-Kette «Big» drohte damit, dass im Fall der Verabschiedung des Gesetzes alle ihre Zentren in Streik treten würden. Unklar war zunächst, ob sich auch der Dachverband der Gewerkschaften in Israel, Histarut, beteiligen würde.

Erinnerung an Generalstreik werden wach

Histarut mit rund 800'000 Mitgliedern hatte Ende März wegen einer zwischenzeitlichen Entlassung von Galant durch Netanjahu zu einem Generalstreik aufgerufen. Galant hatte zuvor Netanjahus Pläne öffentlich kritisiert. Mehrere Einkaufszentren und Universitäten blieben damals zu. Krankenhäuser arbeiteten im Schichtbetrieb.

Am Flughafen Ben-Gurion kam zu erheblichen Beeinträchtigungen des Flugverkehrs. Netanjahu setzte damals die Pläne seiner Regierung aus, Galants Entlassung wurde wenige Wochen später rückgängig gemacht.

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