Zehntausende demonstrieren in Israel gegen Netanjahu-Regierung
In Israel sind Zehntausende auf die Strasse gegangen, sie fordern mehr Bemühungen zur Freilassung der Geiseln. Heute vor sechs Monaten kam es zum Hamas-Angriff.
Das Wichtigste in Kürze
- Zehntausende demonstrierten in Israel gegen die Regierung von Benjamin Netanjahu.
- Sie werfen ihr vor, nicht genügend für die Geisel-Freilassung zu tun.
- Vor genau sechs Monaten kam es zum Hamas-Angriff, und der darauffolgende Krieg begann.
Zehntausende Menschen haben am Samstagabend in Tel Aviv und anderen israelischen Städten gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu demonstriert. Sie forderten ernsthaftere Bemühungen um die Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln.
An diesem Sonntag werden es genau sechs Monate her sein, dass Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen den Süden Israels überfielen, knapp 1200 Menschen töteten und weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppten.
Einer der Redner in Tel Aviv erinnerte an Netanjahus Bruder Joni, der 1976 als Elitesoldat bei der Befreiung von Geiseln aus einem von palästinensischen und deutschen Terroristen entführten Flugzeug ums Leben gekommen war. «Und was ist mit dir, Bibi?», fragte er, Netanjahu mit der Kurzform seines Vornamens ansprechend. «Was hast du getan? Was wird dein Erbe sein? Nichts als politischer Spin und Intrige (...) wird dein Erbe sein.»
Zusammenstösse zwischen Demonstranten und Polizisten
Die Demonstranten entzündeten mehrere Feuer auf der Strasse. Polizisten schritten ein und löschten sie mit Feuerlöschern. Dabei kam es zu Zusammenstössen zwischen Beamten und Demonstranten, wie Medien berichteten. An einer anderen Stelle überfuhr ein Auto offenbar mutwillig drei Kundgebungsteilnehmer, die Verletzungen erlitten. Die Polizei nahm den Fahrer des Wagens fest.
Demonstrationen gab es auch in Jerusalem, Haifa, Beerscheba, Herzlija und in Caesarea vor einer Privatvilla Netanjahus. Nach Medienberichten handelte es sich am Samstag um den grössten Protest seit dem 7. Oktober, als das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels den Gaza-Krieg auslöste. Israels Streitkräfte reagierten mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Geschätzt noch hundert Geiseln am Leben
Wegen seiner brutalen Kriegsführung wird Israel inzwischen weltweit kritisiert. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsbehörde wurden 33'000 Palästinenser getötet. Die Angaben machen keinen Unterschied zwischen Kämpfern und Zivilisten. Bis zu 70 Prozent der Opfer sollen Frauen, Minderjährige und ältere Männer sein.
Israelischen Schätzungen zufolge sind heute noch knapp 100 der verbliebenen Geiseln am Leben. Im Rahmen eines Abkommens hatte die Hamas während einer einwöchigen Feuerpause Ende November vergangenen Jahres 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entliess Israel 240 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.