Apple Arcade im Test: Kann das Spotify für Games überzeugen?
Mitte September hat der iPhone-Hersteller Apple Arcade lanciert. Lohnen sich die sechs Franken im Monat für die Games-Flatrate? Nau hat den Dienst getestet.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Mitte September gibt es die Games-Flatrate Apple Arcade.
- Aktuell bietet der Dienst rund 100 Spiele diverser Genres.
- Um das volle Potenzial vieler Games zu nutzen, wird ein Controller benötigt.
- Ansonsten überzeugt die hohe Qualität der Titel.
Das Smartphone ist heute nicht mehr nur ein Kommunikationswerkzeug und Internetbrowser. Mittlerweile ist das mobile Gamen für viele ein wichtiger Bestandteil des täglichen Lebens. Genau dies hat Apple erkannt und im September den Dienst Arcade lanciert.
Ein Abonnement, welches eine Flatrate an Games liefert. Der Sinn dahinter ist klar erkennbar: Eine kuratierte Bibliothek ausgewählter, qualitativ hochwertiger Spiele.
Doch gelingt es dem Unternehmen aus Cupertino, mit dem Angebot zu Punkten? Nau hat den Dienst unter die Lupe genommen.
Apple Arcade bietet Probemonat
Die Anmeldung erfolgt über eine eigene Rubrik im App Store und geht mit wenigen Klicks vonstatten. Der kostenlose Probemonat kann auch gleich in Anspruch genommen werden.
In einer nicht sonderlich übersichtlichen Liste werden einem alle verfügbaren Games angezeigt. Dies jeweils mit einer Beschreibung sowie ein paar Screenshots respektive Bildern. Das Herunterladen kann mit einem Klick gestartet werden. Danach landen die Apps nach kurzer Zeit auf dem Home-Screen und bekommen in der Arcade eine «Spielen»- statt «Laden»-Kennzeichnung.
Übersicht noch nicht top
Aber die heruntergeladenen Games haben keine eigene Liste. In der Übersicht aller Games – mit mittlerweile 100 Spielen – darf lange gescrollt werden, um zu sehen, welche Titel effektiv installiert sind.
Auch die allgemeine Übersicht ist noch nicht über alle Zweifel erhaben. Das Durchstöbern ist eher mühsam, da die Unterteilung nach Genres nicht perfekt ist. Eine Arcade-interne-Suche gibt es bislang noch nicht.
Doch Apple wird hier sicherlich noch nachliefern, immerhin gibt es den Dienst auch erst knapp zwei Monate und es hat sich seit dem Release schon einiges getan. Grundlegend geht es ja auch um die Games an sich.
Keine Werbung, keine Mikrotransaktionen
Der grösste Pluspunkt ist die Philosophie hinter Apple Arcade: kostenpflichtig, dafür ohne jegliche störende Monetarisierung. In keinem der Titel gibt es Mikrotransaktionen oder noch schlimmer: störende Werbung.
Über die Jahre wurde diese bei herkömmlichen Games auf iOS und Android immer aufdringlicher, bis hin zur Unbrauchbarkeit. Dieses Übel kann man sich nun mit einem Preis von sechs Franken im Monat sparen – ein fairer Preis. Doch ist das Angebot gross genug, dass man bei Games gar nicht auf den regulären Store zurückgreifen muss?
Dies hängt sehr vom Geschmack ab: Je nach Genre ist das Angebot aktuell noch relativ gering. Doch das wird sich ändern: Apple verspricht in regelmässigen Abständen, neue Titel zur Verfügung zu stellen. Und dies ist seit der Lancierung im September auch schon geschehen.
Es ist zudem zu sagen, dass Apple Arcade keine grossen Titel aus dem App Store beinhaltet. Der Dienst bietet ausschliesslich Indie-Games. Grosse Titel wie Minecraft oder Grand Theft Auto: San Andreas sucht man vergebens. Man kann es daher als «alternatives Spotify für Games» sehen, welches vor allem für Entwickler, aber auch Nutzer grosse Vorteile bringt.
Qualität der Games auf Top-Niveau
Was klar überzeugt ist die Qualität der Spiele. Jedes getestete Game scheint mit grossem Aufwand erstellt worden zu sein. Kein Spiel ist billig, die Grafik sowie die Liebe zum Detail sticht ins Auge. Einige der Titel wirken sogar wie kleine Kunstwerke.
Klar erkennbar ist hier die Möglichkeit, die Apple den Entwicklern bietet. Da gänzlich auf Mikrotransaktionen verzichtet wird, leidet das Spieldesign nicht. Die Studios erhalten so Freiheiten, welche sie offenbar zu nutzen wissen.
Ein Beispiel dafür ist Cricket Through the Ages. Obwohl nach rund zwei Stunden das Gefühl vorherrschte, weder die Geschichte noch die Steuerung genau verstanden zu haben, bestand das Bedürfnis, weiterzuspielen.
Controller teilweise notwendig
Bei einigen Titeln limitiert jedoch die Steuerung des Touchpads dieses Erlebnis. Beispielsweise frustriert Hot Lava – insbesondere, wenn man das PC-Pendant kennt. Auch wenn das Game auf dem iPhone 11 rein von den Möglichkeiten her spielbar ist, macht es keinen Spass. Auf dem iPod Touch ist es aufgrund des kleinen Bildschirms sogar noch schwieriger das Game zu geniessen.
Abhilfe schafft da Peripherie. Für den Test kam ein handelsüblicher DualShock-Controller der PlayStation 4 zum Einsatz – laut den Angaben von Apple kann auch das Bluetooth-fähige Xbox-Pendant genutzt werden. Die Verbindung kann kinderleicht hergestellt werden und die Spiele erkennen das Eingabegerät sofort.
Mit einem Controller erstrahlen viele Titel in neuem Licht – so auch Hot Lava. Es kommt das Gefühl auf, mit einer Konsole und einem damit verbundenen Mini-Fernseher zu spielen. Beinahe jedes Spiel unterstützt diese Art der Steuerung – doch teilweise ist der Sinn dahinter nicht ersichtlich.
So beispielsweise bei Outlanders. Bis auf den Joystick, mit welchem die Kamera bewegt wird, hat keiner der Knöpfe einen Nutzen.
Bei fast allen Titeln zieht sich eines der beiden Verhalten durch: Entweder benötigt ein Spiel den Controller, um das volle Potenzial auszuschöpfen oder das Gerät ist ohne effektiven Mehrwert eingebunden.
Langzeitmotivation gewährleistet?
Eine weitere Schwachstelle einiger Titel ist der Fun-Faktor über längere Zeit. Die Qualität der Spiele erlaubt es zwar, jedes einzelnes zumindest für kurze Zeit zu geniessen. Doch Spiele wie Skate City und Frogger TT verlieren schnell ihren Reiz aufgrund der fehlenden Tiefe und Innovation.
Multiplayer-Games wie Stellar Commander des Zürcher Entwicklers Blindflug Studios oder auch Hogwash sind hier eine willkommene Abwechslung. Die Schlachten oder Wettkämpfe gegen andere Spieler versprechen Langzeitmotivation.
Jedoch ist die Player-Base dafür noch etwas zu klein: Dies führt zu sehr langen Wartezeiten.
Fazit
Aktuell bietet Apple Arcade eine Vielzahl von äusserst hochwertigen Mobile-Games – oftmals aber leider ohne grosse Innovation respektive sind diese in ähnlicher Form schon aus dem App Store bekannt.
Besitzt man über einen breiten Geschmack und ein Faible für Casual-Games, gibt es aber – insbesondere für sechs Franken im Monat – reichlich Futter.
Genau hier liegt einer der Vorteile des Abonnements. Die Flatrate ermöglicht es, neue Titel sehr einfach zu testen – ohne nervige Werbung oder weitere Kostenpunkte, die den Spielspass mindern.
Insbesondere für Kinder oder Jugendliche ist das Angebot spannend. Die gebotenen Titel sind von hoher Qualität und es kann sichergestellt werden, dass sie keiner Werbung ausgesetzt sind oder gar noch schlimmer, Kosten durch In-Game-Käufe angehäuft werden.
Um das volle Potenzial zu nutzen, ist aber oft ein Controller notwendig. Auch die Auswahl des Apple-Geräts hat Auswirkungen auf den Spielspass. Grundlegend kann gesagt werden, dass man mit einem iPhone aufgrund der Touchscreen-Grösse am besten bedient ist. Mit einem Controller gilt aber: je grösser das Display, umso besser.
Im Grossen und Ganzen kann man jedem spielenden Apple-Nutzer empfehlen, früher oder später mindestens den Gratismonat in Anspruch zu nehmen. Sollte die Auswahl aktuell noch nicht überzeugen, kann ja als Ergänzung oder Ersatz immer noch auf den herkömmlichen App Store zurückgegriffen werden. Die Spiele-Bibliothek wächst jedenfalls kontinuierlich.
In einem Punkt muss Apple aber noch Hausaufgaben machen: bei der Übersicht. Sie bleibt klar unter dem sonst von Apple gewohnten Standard.