So funktionierte die Corona-Kampagne des BAG auf Social Media
Das BAG ist mit der in den sozialen Medien gefahrenen Corona-Kampagne zufrieden. Dafür wurde auch Geld in die Hand genommen, wie viel ist geheim.
Das Wichtigste in Kürze
- Das BAG hat sein Engagement in den sozialen Medien in der Corona-Krise stark intensiviert.
- Das Resultat sind Millionen Views und Impressionen auf Kanälen wie Facebook und TikTok.
- Social-Media-Experte Daniel Koss lobt, aber sieht auch Anfängerfehler.
Innert kürzester Zeit versuchte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Jung bis Alt während der Corona-Krise zu sensibilisieren. Überall auf den Strassen, im öffentlichen Verkehr aber auch im Internet stiess man auf die Hinweise, Richtlinien und Empfehlungen.
Dabei scheute das BAG insbesondere in den sozialen Medien nicht davor, neue Wege zu gehen. TikTok, Instagram und auch YouTube wurden zu den neusten und gleichzeitig sehr erfolgreichen Kanälen.
Doch nicht nur bei den Plattformen, auch bei der Art der Kommunikation wagte sich das Bundesamt aufs Glatteis.
Zahlungen an Social-Media-Riesen
So unter anderem auf TikTok. Die Posts richteten sich besonders an junge Personen – und dies trägt Früchte: Stolze 1,4 Millionen Mal wurde beispielsweise der erfolgreichste Clip angesehen.
Social-Media-Experte Daniel Koss findet den Mix der Kanäle genau richtig: «Es wurden alle relevanten Plattformen gewählt. Das liegt daran, dass das BAG vermutlich nicht den günstigsten Preis pro erreichte Person, sondern einfach möglichst viele Personen erreichen wollte. Auf Facebook werden eher die Älteren erreicht, auf Instagram die mittlere Altersgruppe und auf TikTok die ganz Jungen.»
Und wie das BAG gegenüber Nau.ch bestätigt, wurde tatsächlich Geld in die Hand genommen, um Posts zu bewerben. Die Kennzeichnung «Sponsored» legte nahe, dass dies auch bei dem erfolgreichen TikTok-Video der Fall war.
Wie viele und welche Posts auf welchen Plattformen innerhalb der Corona-Kampagne bis Ende August beworben wurden, verrät das BAG nicht. Einzelne Beträge aber auch die komplette Summe werden verschwiegen: «Die Ausgaben sind Teil des Kampagnenbudgets. Zu den einzelnen Kostenblöcken möchten wir uns nicht äussern.»
Koss schätzt beispielsweise die Kosten für eine mehrtägige Anzeige eines TikTok-Videos beim Start der App – wie in dem obengenannten Fall – auf grob 20'000 Franken. Jedoch betont er, dass es je nach Anbieter auch einen Rabatt für Behörden gibt: «Das kann von 15 bis 100 Prozent Rabatt gehen.»
BAG zahlt YouTube für Organspendenkampagne
Auf YouTube wurden hauptsächlich zu Beginn der Krise Pre-Rolls aufgeschaltet, um der Bevölkerung die Massnahmen und Richtlinien näherzubringen. Ein Verfahren, das weitergeführt wird: Innerhalb der am 18. August angekündigten Kampagne «Sag es auf deine Art. Aber sag es.» wird nun auch auf die Organspende sensibilisiert.
Hier bestätigt das BAG, dass für mehrere Online-Spots Geld an die Google-Videoplattform YouTube geflossen ist. Laut Koss kann mit 10 bis 40 Franken pro ein Tausend erreichter Personen gerechnet werden. Jedoch spiele die Gesamtanzahl Views sowie der gewählte Zeitraum eine grosse Rolle.
Organische Posts von eigenem Team
Doch auch organische – besser bekannt als nicht-bezahlte – Posts fanden während der Corona-Krise Anklang: Eine Serie bestehend aus fünf Videos erzielte auf der chinesischen Plattform zusammengerechnet knapp eine Million Views.
Eine stattliche Summe, die selbst grössere Schweizer Influencer im Schatten stehen lässt. Ausgedacht, gedreht und geschnitten alleinig vom internen Social-Media-Team des BAG.
Dieses Team ist verständlicherweise gewachsen: «Die Krise steigerte die Frequenz der Publikationen. Das Team ist grösser geworden. Neues Personal schloss sich den Social-Media-Verantwortlichen, die schon angestellt war, an», erklärt eine BAG-Sprecherin.
16-mal mehr Follower als 2019
Und auch auf der bekanntesten Social-Media-Plattform überhaupt werden Erfolge verzeichnet: So erzielten gewisse Videos auf Facebook bis Ende August über fünf Millionen Impressionen.
«Diese Zahlen sind erfreulich, sie zeigen, dass die sozialen Netzwerke von der breiten Bevölkerung genutzt werden und somit exzellente Kanäle für die Botschaften des BAG sind». Zudem teilt das BAG mit, dass die Anzahl Follower Plattform- respektive Kanal-übergreifend um 1600 Prozent gestiegen ist.
«Jeder Depp kann mit viel Geld viele Menschen erreichen»
Technisch und was die Qualität angeht, hat Koss bei den Posts des BAG kaum etwas zu bemängeln. So sei der Inhalt kurz und knackig aufbereitet. Dies sei ein Vorteil, da die Aufmerksamkeitsspanne gerade bei Informationen sehr kurz ist.
Doch fehle es an Kreativität. Die Kampagne müsse laut Koss dafür sorgen, dass die Leute auch Lust haben über das Thema zu reden. Zudem sei es schwierig, die effektiven Erfolg zu messe: «Die Kampagne erreicht sicher viele Menschen, aber um abzuschätzen, ob die Kampagne gut ist, müsste man auch den Input, sprich das investierte Geld abschätzen können. Jeder Depp kann mit viel Geld viele Menschen erreichen.»
Und Koss spricht auch von klaren Anfängerfehlern. Dies beispielsweise bei der Melange von Sprachen: «Dafür sollte man separate Kanäle erstellen oder Ads gezielt ausspielen. Auf Instagram sind zum Beispiel deutsche und französische Beiträge wild gemischt. Sehr nervig für die Follower und ein ganz starker Grund zu entfolgen», erklärt Koss.
BAG – Bundesamt für Social Media?
Das Bundesamt sieht sich auch nach den Aktivitäten während der Corona-Krise nicht als Pionier in Sachen soziale Medien. Verwiesen wird unter anderem auf den seit Oktober 2016 aktiven Instagram-Account der Schweizer Armee. Trotzdem sprechen die Zahlen des BAG für sich: Drei Jahre später gestartet liegt es mit etwas über 60'000 nur rund 10'000 Follower hinter dem VBS.
Diese gewonnenen Erfahrungen teilen die Beamten in der vor einigen Jahren gegründeten Gruppe «Social Media Bund».
Sie besteht laut dem BAG aus einem oder zwei Social-Media- oder Kommunikationsverantwortlichen pro Departement oder Büro. Während ein bis zwei Treffen pro Jahr kommt es innerhalb dieser Gruppe zum Erfahrungsaustausch.