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Wie Whatsapp, Facebook und Co. unser Leben bestimmen

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USA,

Nur wenige Stunden waren Facebook und seine Dienste wegen eines Konfigurationsfehlers ausser Betrieb. Das reichte aber, um zu zeigen, wie gross ihr Einfluss auf die Kommunikation auch in Deutschland ist.

Die Apps von sozialen Netzwerken und Messengerdiensten von oben links: MyJio, Instagram, Facebook, Twitter, Snapchat, WhatsApp, Zoom, Signal, Sticker.ly. Foto: Sri Loganathan/ZUMA Press Wire/dpa
Die Apps von sozialen Netzwerken und Messengerdiensten von oben links: MyJio, Instagram, Facebook, Twitter, Snapchat, WhatsApp, Zoom, Signal, Sticker.ly. Foto: Sri Loganathan/ZUMA Press Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Ist der kleine Bruder nach dem Familienbesuch wieder gut daheim angekommen? Fällt morgen die erste Stunde für die Klasse nun aus oder nicht? Wann war gleich nochmal der Geburtstag der Schulfreundin aus der Oberstufe?

Informationen, die massiv unser Privatleben und den Alltag bestimmen, waren am Montag für sechs Stunden nicht abrufbar. Vom Ausfall von WhatsApp, Facebook und Instagram waren weltweit 3,5 Milliarden Nutzern betroffen, in Deutschland schauten Millionen ungläubig auf ihre Smartphones. Vieles ging nicht mehr. «Wir sehen, wie abhängig wir als Gesellschaft von einem einzigen Konzern sind», sagt Kommunikationswissenschaftlerin Katharina Kleinen-von Königslöw.

Wie der Ausfall unser Leben einschränkt

«Dadurch, dass Whatsapp betroffen war, geht das tief in die deutsche Bevölkerung», sagt die Journalistik-Professorin der Universität Hamburg. Gerade in der Familienkommunikation spiele die Plattform eine immens grosse Rolle.

Junge Menschen lassen via WhatsApp-Gruppe ihre Freunde, die weiter weg wohnen, am eigenen Leben teilhaben - und so den Kontakt nicht abreissen. Familien planen im Chat die kommende Geburtstagsparty. Via Facebook-Gruppe kommunizieren etwa Sportvereine ihr anstehendes Training oder die Weihnachtsfeier. «Die meisten Menschen nutzen die sozialen Netzwerke für ihr Privatleben», so Kleinen-von Königslöw.

Dem «Reuters Institute Digital News Report» zufolge sind 71 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden in Deutschland bei Marktführer WhatsApp unterwegs, 44 Prozent sind es auf Facebook und 29 Prozent auf Instagram. Diejenigen, die zwischen 16 und 64 Jahre alt sind, nutzen soziale Medien täglich fast anderthalb Stunden, wie Erhebungen von «Datareportal» zeigen.

Auch die Wirtschaft ist abhängig

Nach Angaben von «Datareportal» können via Facebook derzeit potenziell rund 29 Millionen Menschen in Deutschland mit Werbung erreicht werden, bei Instagram sind es 26 Millionen. Ein grosser Markt also. Der Branchenverband Bitkom teilt mit, dass 30 Prozent der Unternehmen in Deutschland Social Media für die interne und externe Kommunikation nutzten. Zwei Drittel davon setzten dabei auf Messengerdienste, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Vor allem das Geschäft der Influencer läuft in Deutschland über soziale Medien wie Instagram. Da sind am Montag womöglich so einige Werbeminuten oder Live-Schalten flöten gegangen. «Das sind aber Nischen und keine existenziellen Güter», so Kleinen-von Königslöw.

Anders sieht es ihrer Erkenntnis nach ausserhalb Deutschlands aus. «In Entwicklungsländern wie etwa Ghana sind Facebook und Co. geradezu das Internet und die einzige Möglichkeit zu kommunizieren», merkt die Kommunikationswissenschaftlerin an. «Wenn dort die Infrastruktur ausfällt, brechen ganze Wirtschaftszweige zusammen.»

Auf der Suche nach Alternativen

Wenn die WhatsApp-Nachricht nicht durchgeht, dann müssen hierzulande die alten Pfade wieder herhalten. Telefónica (O2) registrierte während der Zeit des Ausfalls am Montag einen Anstieg von 36 Prozent bei der Gesamtdauer der Telefonate und sogar eine Verdreifachung bei den Old-School-Kurznachrichten via SMS. «Die Suche nach Alternativen ist zwar lästig, aber möglich», sagt Kleinen-von Königslöw.

Konkurrenz-Anbieter zu WhatsApp werben schon seit Jahren mit ihren Sicherheitsstandards und ihrem Umgang mit den Nutzerdaten - etwa Signal, Threema oder Wire. US-Whistleblower Edward Snowden gibt denn auch aktuell zu bedenken: Der WhatsApp-Ausfall müsse in Erinnerung rufen, «dass Sie und Ihre Freunde wahrscheinlich eine privatere, nicht auf Gewinn orientierte Alternative nutzen sollten», schreibt er auf Twitter.

Doch Facebook hat sich ein wahres Dienste-Geflecht geschaffen: Mit dem 2014 für 19 Milliarden US-Dollar (damals 14 Mrd. Euro) gekauften Messengerdienst WhatsApp und die 2012 übernommene Foto-Plattform Instagram verknüpft der US-Konzern geschickt sein Angebot.

«Ich fürchte, für die meisten Menschen ist die Bequemlichkeit ein Grund, sich nicht von Facebook und WhatsApp abbringen zu lassen», erwartet Kleinen-von Königslöw. Daher verlangt sie, dass vor allem die Politik tätig wird. «Meine Hoffnung ist, dass der Ausfall den Behörden klar macht, wie hoch der Regulierungsbedarf ist.»

Schadenfreude im Netz

Hierzulande trendet der Facebook-Ausfall zum Beispiel massiv auf Twitter. Hashtags wie #facebookdown oder #whatsappdown waren auch noch am Dienstag in Deutschland am weitesten verbreitet. Vor allem der schon lange erhobene Vorwurf an Facebook, mit unzureichender Moderation eine Plattform für Desinformationen in der Corona-Pandemie zu bieten, wird aufs Korn genommen. «Nach Facebook- und WhatsApp-Ausfall: Impfpraxen melden plötzlichen Ansturm», heisst es etwa vom Satire-Magazin «Der Postillon».

Von User-Zahlen, die wie bei Facebook weltweit in die Milliarden gehen, kann aber Twitter nur träumen. Zuletzt waren es im zweiten Quartal 2021 rund 206 Millionen. In Deutschland sind dem «Reuters Institute Digital News Report» zufolge rund 12 Prozent der erwachsenen Internetnutzenden auf Twitter unterwegs.

Doch als Facebook und Co. in die Knie gingen, schien es, als wanderten doch so einige über zum standhaften Konkurrenten. «hello literally everyone», begrüsste Twitter «buchstäblich alle», die sich nun auf die Plattform mit dem Piepmatz verirrt hatten. Mehr als drei Millionen Likes bekam die Nachricht bis Dienstagmittag. Und auch die britische Sängerin Adele etwa, die ihren Twitter-Account seit langem nur stiefmütterlich etwa ein Mal pro Jahr updatet, meldet sich nach Monaten per Tweet: «Hiya babes» («Hallo, ihr Lieben»).

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