500 Jahre alte Eiche dient als Kontaktbörse
Das Wichtigste in Kürze
- Wie haben sich eigentlich Paare kennengelernt, als es noch keine Dating-Apps gab? Eine der Antworten auf diese Frage steht im Dodauer Forst bei Eutin.
Seit rund 100 Jahren dient ein Astloch im hohlen Stamm der «Bräutigamseiche» als Kontaktbörse für einsame Herzen aus aller Welt. «Es kommen Briefe und Postkarten aus ganz Europa, aber auch aus den Vereinigten Staaten oder aus Japan», sagt Postzustellerin Jule Engeldinger. Seit drei Jahren bringt die 54-Jährige die ankommenden Briefe zur Bräutigamseiche - zu jeder Jahreszeit und bei Wind und Wetter.
Jeder kann die Briefe lesen
«Heute ist vergleichsweise wenig Post für die Eiche dabei, nur 20 Briefe, sagt Engeldinger. Im Sommer seien es bis zu 40 am Tag. Die legt die Zustellerin in ein gelb umrandetes Astloch in etwa drei Metern Höhe. «Jeder kann einen Brief rausnehmen und lesen», erläutert Engeldinger. «Bei Interesse darf er den Brief mitnehmen, ansonsten klebt er ihn wieder zu und legt ihn zurück.»
Angst, sich strafbar zu machen, müssen die Nutzer übrigens nicht haben. «An der Bräutigamseiche gilt das Postgeheimnis nicht», beruhigt die Pressesprecherin der Deutschen Post DHL, Maike Wintjen.
Ihren weltweiten Ruhm verdankt die Eiche einer romantischen Liebesgeschichte aus dem Jahr 1890. Damals traf sich ein junges Paar ein Jahr lang heimlich an der Eiche, weil die Eltern gegen die Verbindung waren. Als die Väter schliesslich doch zustimmten, gaben sich die Liebenden am 2. Juni 1891 unter der Eiche das Jawort.
Eiche hat eigene Postadresse
Das Happy End sprach sich herum, und mehr und mehr Liebesbriefe landeten in der mehr als 500 Jahre alten Eiche. 1927 bekam die Eiche sogar eine eigene Postadresse. Sie lautet heute: Bräutigamseiche, Dodauer Forst, 23701 Eutin.
«Ich habe durch die Eiche vor rund 15 Jahren mal einen recht netten Herrn kennengelernt», erzählt Renate Voigt aus Eutin. «Wir haben uns ein paar Mal getroffen, wir waren Essen und haben eine Segeltour unternommen.» Sie habe die Sache dann aber beendet, weil sie keine Lust gehabt habe, mit ihm per Wohnmobil durch Europa zu touren, erzählt die heute 74-Jährige.
Insgesamt soll die Eiche nach Angaben der Deutschen Post mittlerweile mehr als 500 Ehen gestiftet haben - darunter auch die eines Postzustellers, der durch die Bräutigamseiche seine Frau fürs Leben fand. «Ich habe meinen Partner aber nicht durch die Bräutigamseiche kennengelernt», sagt Engeldinger.